Achter Buchstabe im Alphabet – beliebte Chiffre bei Neonazis – Teil eines mehr-oder-minder qualitativen deutsch-französischen Wortspiels – die Assoziationen rund um den Buchstaben h sind sehr vielfältig. Auch der farbfleck ist in einem früheren Artikel bereits darauf eingegangen, welchen Unterschied das H in einem Namen machen kann. Doch wer darauf gehofft hat, hier nun wieder einen Artikel über unseren Schulnamen zu lesen, den muss ich an dieser Stelle enttäuschen – denn es soll einmal nicht um unseren Schulnamen gehen, sondern um einen anderen Fall, in dem das H einen weitreichenden Unterschied macht – Weihnachten, oder eben Weinachten. Und auch eine zweite Personengruppe muss ich an dieser Stelle enttäuschen – der Wein ist ebenfalls nicht Thema des Artikels, auch wenn er sicherlich vorkommen wird, am Rande, in einer Nebenbemerkung.

Worum soll es denn nun gehen, wenn nicht um Wein, aber um Weinachten? Eine Schnellsuche bei Google hilft nicht wirklich weiter. „Meinten Sie ‚Weihnachten‘? Es werden Ergebnisse angezeigt für ‚Weihnachten‘ „. Und auch der fluchttürfolgende Klick auf „nur Ergebnisse für ‚Weinachten‘ anzeigen“ führt lediglich zum Duden-Eintrag des Wortes „Weihnachten“. Was also ist Weinachten, ohne h?

Fündig wird man schließlich, ergänzt man das Akronym „FSM“, auf der Website der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e.V. Denn ja, Weinachten existiert, und es ist dem Äquivalent mit H gar nicht einmal so unähnlich – nur eben nicht Teil der christlichen Feierlichkeiten, sondern einer der Hauptfeiertage der Pastafari, also jener Glaubensgemeinschaft, die sich als Reaktion auf die Entscheidung der amerikanischen Regierung gebildet hat, neben der Evolutionstheorie im Unterricht ebenfalls die fundamentalistische Theorie des Kreationismus zu lehren, und die seither irgendwo im freien Raum zwischen Religion und Religionskritik schwebt.

Der Pastafarianismus hat, wie viele andere religiöse „Spätzünder“, zahlreiche Elemente anderer Religionen übernommen, so auch die christliche Tradition des Weihnachtsfestes. Die Begründung dafür ist vergleichsweise simpel – auch das Weihnachtsfest geht als Feiertag nicht auf die Geburt des christlichen Messias Jesus zurück, sondern auf vorangehende Feste anderer Kulturen, etwa die römische Feier zu Ehren des Gottes Sol Invictus oder auch germanische Feierlichkeiten zur Wintersonnenwende. Auch das Christentum hat sich dieses Fest also in gewisser Weise lediglich angeeignet.

Die Pastafari feiern am 25. Dezember allerdings nicht Weihnachten, sondern Weinachten, ein Fest, das, glaubt man den alten Mythen, auf die letzte Winterausfahrt zurückgeht und somit die Piraten feiert, die zentrale Verehrungssubjekte des Pastafarianismus sind.

Piraten kennt man heutzutage vor allem als räuberische, sicherheitsrelevante Gefahr, zumeist irgendwo vor der Küste Somalias oder in anderweitigen afrikanischen und indischen Gewässern. Wahre Piraten jedoch hat man sich eher einer schwimmenden Version von Robin Hood gleich vorzustellen – Rächer der Armen, die den Reichen nehmen und an Arme und vor allem Kinder verteilen, und das zum letzten Mal im Jahr am 25. Dezember. Zur besseren Orientierung in Richtung der Empfänger der geraubten Geschenke errichteten diese hohe Schiffsmasten, geschmückt mit Lichtern – worauf die heutige Tradition eines mit Lichterketten umwickelten Stammes zurückgeht. Irgendwo in dieser ganzen Feier um die letzte Ausfahrt spielte dann auch Alkohol eine Rolle, denn Alkohol spielte bei Piraten eigentlich immer eine Rolle – deshalb der heutige Namen „Wein-achten“.

Das Pastafaritum bietet allerdings zusätzlich zum Christentum auch direkt eine Erklärung dafür, was es mit dem rot-weißen, dicken Mann auf sich hat: Und zwar steht dieser für die Gesamtheit der Piraten, mit seinem dichten Bart und seinem Umhang, während sich das Farbschema auf die typische Bemalung eines Leuchtturms (also den Leuchtmasten) zurückführen lässt.

Das H macht an dieser Stelle also einen bedeutenden Unterschied: Feiert man Weihnachten, feiert man die Geburt eines religiösen Erlösers – feiert man Weinachten, gedenkt man bärtigen Gerechtigkeitskämpfern auf Booten, die neben ihrer Arbeit als Wohltätigkeitsunorganisation übrigens auch vieles dazu beigetragen haben, den Klimawandel zu verhindern – aber zu diesem Aspekt des pastafarianischen Glaubens ein andern Mal.

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