Sie ist wieder da – die Zeit der viel zu kleinen Eisfächer im Kühlschrank, der permanenten Beschallung aus der Richtung des Volleyballfelds. Der Sommer ist da. Er hat sich nicht etwa leise ins Bild geschlichen, sondern kam eher kreischend mit einer Sirene auf dem Kopf durchs Fenster hinein, surfend auf einer grünen Staubwolke von Pollen, ausgerissenem Gras und Löwenzahnsaft. Der Sommer ist da, und ich bin hier, um ihn so richtig schlechtzureden.

Endlich ziehen in vereinzelten Regenschauern untergegangene, von Bäumen ausgenieste Blütenstückchen wieder in grellem Grün Schlieren über den Boden, die auf den ersten Blick eher an giftige Chemikalien als an Natur erinnern, bedecken Handy, Schuhe, Haare. Endlich hat man wieder das Gefühl, von Kopf bis Fuß zu kleben, sobald man nur ein paar Minuten in einem anderen Zustand als vor Hitzeschock wimmernd auf dem Bett herumliegend verbracht hat, egal ob man duscht oder nicht, die ganze Nacht lang lüftet oder nicht, das gesamte Zimmer den Tag über in eine von Rollläden und Gardinen verhüllte Festung gegen die da oben brutzelnde Sonne verwandelt oder eben nicht.

Der Sommer ist da und wir können nicht viel dagegen tun. Noch ein bisschen Stoff sparen und den Mücken optimale Angriffsfläche bieten? Noch ein bisschen Eis, damit es schokoladig überall tropft und die klebrige Hölle um einen weiteren Kreis erweitert? Versuchen, die durch Schwitzen verlorene Flüssigkeit wieder reinzuholen und den einzigartigen Geschmack des in der Sonne erhitzten Sprudelwassers genießen? Sich drinnen verschanzen und sich so asozial fühlen wie noch nie, während das strahlend rote Netflix-Logo endlich eine angenehme Abwechslung von den sonst in die Augen stechenden Sonnenstrahlen bietet, man aber dennoch auf dem Bildschirm idyllisch glorifizierte Sommerutopien ertragen muss, von glücklichen Menschen, die in der Sonne umherhüpfen?

Warum nicht gleich das Handy anwerfen? Auf den tragbaren Angeberplattformen Instagram und Snapchat wie Sand am Meer Bilder von ebenjenem Sand und Meer ertragen? Verdreifachte Selbstinszenierung halbfremder Menschen genießen, die sich besonders jetzt an spektakulärsten Locations unter dem brennenden Gestirn räkeln und tuen, als wäre alles in (bei hohen Temperaturen schmelzender) Butter?

Ich sage da nur wieder mal: Fake it ´til you make it. Sollten sich irgendwann demnächst meine Freunde erlauben, mir in späten Schulwochen Snaps vom Strand zukommen zu lassen, kann ich immer noch auf dem Volleyballfeld herumhängen und Bilder meiner ungebräunten Beine im Sand mit einem dämlichen „At the beach“-Sticker versehen. Ich bin im Urlaub, Leute – und jetzt muss ich offline. Das lockend kühle Biotop ruft.

Aber hier ist eine Nachricht an den Sommer allgemein: komm doch her. Wir haben keine Angst vor dir. Und wartet ihr alle erst, bis es ganz im Stil unserer Lieblings-Metzelserie wieder „Winter is coming“ heißt und sich die ekelhafte Kälte blicken lässt. Dann werde ich erst richtig sauer.

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