Oberstufe. Man könnte meinen, dass man endlich erwachsen ist. Dies spiegelt sich dann zumindest in den längeren Ausgehzeiten im Internat wieder. Sogar bis 22 Uhr oder am Wochenende noch später! Herrlich, nicht wahr? Doch schnell merkt man, dass auch trotz der extra Stunde seit der Mittelstufe leider der Norma nicht mehr mit macht, was seine Öffnungszeiten anbelangt. (Es bleibt also eigentlich nur noch der Kaufland, aber dahin zu laufen dauert mindestens so lange wie die extra Ausgehzeit, ohne zurück gekommen zu sein.) Man sitzt also kekslos in seiner WG und beobachtet die Mittelstufenschüler durch das Wohnzimmer, wie sie aufgedreht und chaotisch zwischen Küchentisch und den Sofas umherspringen. Ich meine, doch noch eine Lehrkraft zwischen all den Personen erkannt zu haben. Ach ja, wie ich es vermisse über verschiedene, auch vielleicht etwas merkwürdige Dinge mit den Lehrer zu diskutieren. Der eine WG-Abend im Turnus und die flüchtigen Dienste, die für das ganze Haus zuständig sind, reichen nicht aus. Es klopft einmal abends an der Tür, ein kurzes Nicken von wegen, man ist da und schon steht man wieder allein da. Früher kam noch zumindest nachmittags jemand vorbei, einfach um nach den rechten zu schauen, doch inzwischen ist man ja groß.

Viel zu spät geht man zu Bett, da durch die offene Schalfenzeit auch gerne eine Diskussion bis halb eins noch sehr interessant sein kann, um dann am Morgen viel zu spät wieder aufzuwachen. Denn der morgendliche Weckdienst ist auch schon gestrichen. Manchmal erwate ich selbst nach über einem Jahr Oberstufe ein leises Klopfen zu vernehmen, doch das bleibt aus. Ein wenig verschlafen also durchquere ich den Campus, da mich der Gedanke am WG-Tisch im halb dunklen Wohnzimmer zu essen noch müder macht, als ich es gerade bin. Beim Betreten der Mensa beobachte ich die nüchterne Auslese der Oberstufenschüler an den mittleren Tischen. Komplett überfordert mit der Sitzplatzwahl lasse ich mich an einen Stuhl nieder, währenddessen sich die WG-Tische um mich füllen. Es ist mir bis heute ein Rätsel, wie es die lieben Siebklässler schaffen, morgens doppelt so viel Energie zu haben, wie ich an meinem Höhepunkt des Tages erreiche. Sie scheinen schon zu frühen Uhrzeiten an Lautstärke nicht zu verlieren und definitiv nicht ihre ständigen Spielchen. Doch seien wir mal ehrlich, was wäre das LGH ohne die Kleinsten, die uns manchmal mit ihrer aufgeweckten Art in den Wahnsinn treiben, doch auf der anderen Seite genauso ein wichtiger Bestandteil des LGHs sind wie jeder andere. Ein wenig verschlafen räume ich also mein Tablet ab und denke zumindest das ich von einer Sache verschont bleibe. Dem vertrautem Mensadienst. (Durch die Zeitschienen von Corona leider doch nicht.)

Zweite Stunde frei. Währenddessen die Mittelstufenschüler also weiterhin in den Unterricht gehen, kann ich mich gemütlich wieder in meinem Zimmer vergraben. Leider bedeutet dieses Privileg auch, nachmittags noch Unterricht zu haben. (Leistungskurse in der 6DS. oder Samstags nach dem Mittagessen gehören defintiv nicht zur angenehmsten Sorte, doch zumindest ein Themenbereich, welches man sich ausgesucht hat, selbstständig zu vertiefen.) Ein paar Fächer abzugeben hat schon seine gewissen Reize, doch irgendwie fängt man dann doch an, die ein oder andere Stunde oder Lehrer zu vermissen.

Ach ja, Oberstufe ist etwas ganz tolles, ohne Studierzeit, ohne Weckdienste und ohne Schlafenszeit, doch in manchen einsamen Freistunden vermisst man dennoch die Qualen, eineinhalb Stunden damit zu füllen, produktiv auszusehen, das morgendliche Wecken, obwohl man doch ausschlafen durfte oder auch die verbotene Handlung, noch nach zehn Uhr mit seinen Mitbewohnern im Bad zu reden und zu denken, dass dies ein großes Verbrechen gegen die Campusordnung darstellt.

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