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Die Welt da draußen

Hui Buh und die sozialistische Diktatur

von Lea FrauenknechtBerlin_schaltet_Pegida_das_Licht_aus-z

Ein Gespenst geht um in Deutschland. Es ist das Gespenst, dem viele gebannt verfallen sind, wenn es durch die durch Krieg und Terror verängstigten Köpfe spuckt und schauerliche Parolen heult wie etwa: „Unsere abendländische Kultur soll nicht islamisiert werden!“ oder „Deutsche sollen gefälligst in Deutschland bleiben und die vaterländische Wirtschaft stärken!“. Viele sind dem gespenstischen Geheule verfallen, doch die wenigsten geben es zu. Wenn man es bei seinem Namen nennt – Rassismus heißt der kleine Quälgeist – behaupten die meisten, die seiner geistarmen Rhetorik nicht widerstehen konnten, es trüge einen ganz anderen Namen: „Neokonservatismus“, „gesunder Nationalismus“ oder gar „Kampf gegen jegliche Radikalisierung“.

Einen glühenden Verfechter dieses Spukes bekamen wir auch beim letzten Vortragsabend zu sehen. Hui Buh* beteuerte zwar, seine Ansichten hätten „nichts mit Rassismus zu tun“. Trotzdem verbreitete er munter das Bild der diebischen Chinesen, die scheinbar nur auf eine zufällig offen gelassene Hintertür warten, um die Geheimnisse seines Unternehmens zu stehlen und in China zu verbreiten. Dass ebendiese Volksgruppe mit einer nicht unbeträchtlichen Anzahl im Publikum vertreten war, schien Hui Buh allerdings nicht zu interessieren. Außerdem ist er der festen Ansicht, Deutsche sollten am Besten in Deutschland bleiben, um die nationale Wirtschaft zu unterstützen, anstatt sich als Europäer oder gar als Weltbürger zu fühlen. Und: Deutschland ist, so Hui Buh, mittlerweile eine „sozialistische Diktatur“. Wie meinen? Das soll jetzt etwa „nichts mit Rassismus“ und nichts mit einer sehr rechten Ideologie zu tun haben?

Auch AfD und Pegida ordnen sich ja nicht im rechtskonservativen Kästchen des aktuellen politischen Rasters ein. Etwaige rassistische Hintergründe weist man in diesen Lagern komplett von sich. Trotzdem ist klar, dass allein hinter solchen Namen wie „Alternative für Deutschland“ und „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ der Spuk eines längst totgeglaubten Ideologie-Gespenstes steckt, das zur Zeit mit seinen schauderhaften Sprüchen wieder vermehrt Zuspruch findet. Es ist der braune Rassismus, der sich unter einem scheinbar blütenweißen Bettlaken des Neokonservatismus und des „gesunden Menschenverstandes“ versteckt hat. Und leider lassen sich nur allzu viele Menschen von diesem Wolf im Schafspelz 2.0 täuschen.

Wie ernst die Lage wirklich ist, zeigte sich in der Neujahrsrede der Bundeskanzlerin: Wenn selbst Angela Merkel, die ja jetzt nicht gerade als linke Socke verschrien ist, ausdrücklich vor dem rechtsradikalen Hintergrund der Pegida-Demonstrationen warnt und zu deren Boykott aufruft, ist es wirklich kurz vor Geisterstunde. Trotzdem boten die letzten Wochen auch mehrfach Beispiele dafür, dass viele Menschen diesem Spuk ein Ende bereiten wollen: In zahlreichen deutschen Städten konnten Pegida-Aufmärsche durch zahlenmäßig überlegene Gegendemos blockiert werden.

Und auch die kritischen Fragen, die von Seiten der Schülerschaft am Donnerstagabend die weiße Verkleidung von Hui Buh in Frage stellten und die braune Gestalt darunter erfolgreich enttarnten, beweisen, dass eine erfreuliche Mehrheit nicht dazu bereit ist, die rechten Parolen einfach zu akzeptieren und den Geistern ihren Glauben zu schenken. Ein Gespenst geht um in Deutschland. Nur wer das Geheule kritisch hinterfragt, setzt dem Spuk ein Ende!

 

* Name von der Autorin geändert, damit es ihr später nicht wie Faust ergehen wird („Die Geister, die ich rief…“)

Bildquelle: Andreas Augstein über Wikimedia Commons

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Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 18. January 2015
Kategorie: Die Welt da draußen

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3 Kommentare zu “Hui Buh und die sozialistische Diktatur”

  1. Vielleicht sollte man mal wieder “Biedermann und die Brandstifter” lesen.

    Geposted von Anonymous | January 20, 2015, 21:43 | Antworten
  2. Guter Artikel.
    Es wird Zeit, dass auch die Schulleitung zu diesem Vortragsabend Stellung nimmt. Das Thema scheint für sie ja von geringer Bedeutung zu sein.

    Geposted von critic | January 20, 2015, 23:39 | Antworten
  3. Menschen wie Hui Buh säen den Wind, um im Sturm zu ernten. Vielleicht ist der Sturm auch schon bald da, kommt ins Rollen in Form von Pegida.
    Gut, wenn es SchülerInnen gibt, die Ihr Fähnchen nicht nach dem Wind hängen.

    Geposted von Anonymous | January 21, 2015, 11:14 | Antworten

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