derfarbfleck

Die Welt da draußen

Soll ich oder soll ich nicht?

von Michelle BraunWeggeschaut._ignoriert._gekniffen

Diese Frage stellen sich in Deutschland bezüglich des Themas Zivilcourage vermutlich Tausende von Menschen. Der Fall „Tugce A.“ hat, wie schon im Oktober 2012 der Fall „Jonny K.“ ,welcher seinem Freund bei einer Schlägerei zu Hilfe kommen wollte und damit selbst mit dem Leben bezahlte, große Aufmerksamkeit erregt. In der Nacht zum 16. November 2014 geschah das Drama, welches fast zwei Wochen später am 28. November sein trauriges Ende nahm. Die Lehramtsstudentin Tugce A. beobachtete wie Sanel M. (18) und seine Freunde zwei Mädchen belästigten. Daraufhin entschied sie sich, Zivilcourage zu zeigen, und den Mädchen zu helfen, indem sie sich in die Auseinandersetzung einmischte. Die Situation eskalierte jedoch, und Tugce wurde ein so heftiger Schlag verpasst, dass sie mit dem Kopf auf einen Stein fiel und mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma ins Klinikum Offenbach eingeliefert werden musste. Dort fiel sie auf Grund ihrer schweren Verletzungen ins Koma. Zehn Tage später dann die traurige Nachricht: Diagnose Hirntod. Ein Schock, nicht nur für Tugces Familie, sondern auch für die ganze Nation, welche mittlerweile von Tugces heldenhafter Tat erfahren hatte. An ihrem 23. Geburtstag entschieden sich Tugces Eltern, die lebenserhaltenden Geräte abschalten zu lassen. Am selben Abend versammelten sich rund 1500 Trauernde unter dem Motto: „Tugce zeigte Zivilcourage, zeigen wir ihr unseren Respekt!“ vor dem Klinikum Offenbach. Blumen, Kerzen und Fotos wurde niedergelegt und mit einer Schweigeminute für Tugce und ihre Familie höchster Respekt gezeigt. Nun fordern viele, unter anderem Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), das Bundesverdienstkreuz für die junge Studentin, die so viel Mut bewies. Der Wunsch ihrer Tochter, ihre Organe zu spenden, wird ihre letzte große Tat sein; ein weiterer Grund, warum uns das bewundernswerte Verhalten der jungen Frau noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

Damit sind das Thema und die Frage nach „Zivilcourage in Deutschland“ wieder präsent, und viele Menschen fragen „Soll ich oder soll ich nicht?“ Der Fall Tugce A. macht ganz klar, welche Risiken der Einsatz für andere in gefährlichen Situationen mit sich bringt und doch ist Tugce’s Botschaft eindeutig: „Nur Zusehen bringt auch nichts!“ Denn jeder einzelne von uns ist froh, wenn Hilfe geboten wird, sollte man sich selbst in jener hilflosen Situation befinden. Außerdem muss Zivilcourage nicht immer gleich heißen, gewaltsam zwischen die Fronten zu gehen, nein, geholfen ist schon viel, wenn zum Beispiel nur die Polizei alarmiert wird. Dass junge Menschen wie Jonny K. oder Tugce A. als Helden sterben mussten ist unfair, doch ihr Verhalten ist ein Aufruf an alle, die der Gewalt den Rücken zukehren, nicht einfach nur daran vorbeizugehen und wegzuschauen, sondern einzugreifen und möglicherweise anderen Mitmenschen das Leben zu retten.

Bildquelle:  Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (Landeskriminalamt Baden-Württemberg)

Dieser QR-Code enthält den Link zum Online-Artikel
Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 15. December 2014
Kategorie: Die Welt da draußen

Der Artikel ist urheberrechtlich geschützt und darf nur zu privaten Zwecken weiterverwertet werden. Jede andere Verwendung bedarf der schriftlichen Genehmigung des Autors. Für Leserbriefe nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion unterhalb des Online-Artikels.

Keine Kommentare bisher zu “Soll ich oder soll ich nicht?”

Lass einen Kommentar da