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Die Welt da draußen

Staatskrise in der Türkei?

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a1/2013_Taksim_Gezi_Park_protests_%2815th_June%29.jpgvon Camil Kotkowski

HochrangigePolitiker und Mitglieder vom Kabinett müssen ihr Amt niederlegen, weil ihre Söhne von der türkischen Staatsanwaltschaft der Geldwäscherei und der Steuerhinterziehung bezichtigt werden. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan war zu einer großen Umbildung in seiner Regierungsspitze gezwungen. Zehn neue Namen kennt das 26-köpfige Kabinett jetzt. Wirtschafts-, Innen- und Umweltminister traten wegen der Ermittlungen zurück. Letzterer forderte sogar Erdogan auf, sein Amt nieder zu legen. Während die Opposition einen Rücktritt der gesamten Regierung fordert, spricht der Regierungschef von einer Verschwörung gegen sich und seine Partei AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung).

Der Hintergrund der Geschehnisse ist der Machtkampf zwischen Erdogan und der sogenannten Gülen-Bewegung, deren Mitglieder vor allem im Polizei- und Justizapparat vertreten sind. Fethullah Gülen ist ein bekannter Islamprediger, der zurzeit in den USA lebt. Seine religiös-orientierten Schulen sollten jetzt von der Regierung geschlossen werden. Die Gülen-Bewegung, welche von Aussteigern oft als Sekte beschrieben wird, war früher ein enger Verbündeter Erdogans. Jener versuchte jedoch nach und nach ihnen ihren Einfluss zu rauben. Der Korruptionsskandal kommt der Bewegung somit gerade recht, er könnte großen Einfluss auf die kommenden Kommunalwahlen im März haben. Landesweit wurden, aufgrund von Großrazzien, circa 500 ranghohe Mitglieder der Polizei entlassen.

In dem Korruptionsskandal geht es um einen Öl-Geschäft mit dem Iran, welches hohe Funktionsträger eingefädelt haben. Das Problem dabei aber ist, dass es ein internationales Ölembargo gegen den Iran gibt. Um dieses zu umgehen, wurde auf Umwegen Öl gegen Gold getauscht. Der Deal wurde über die Halkbank mithilfe von vielen Schmiergeldern organisiert. Bei dem Chef der staatlichen Bank wurden in Schuhkartons 4,5 Millionen Dollar cash gefunden.

Erdogans Reaktion kam erwartet. Er wirft den Kritikern Machtuntergrabung vor und bezeichnet sie Parteiversammlungen als „Spione“ gar „Verräter“. Es folgten keine Aufklärungsversprechen oder gar –versuche, sondern Suspendierungen. Der Premier distanziert sich mit seinem Verhalten immer weiter von der EU. So gehen vermehrt die Menschen in der Türkei in den großen Städten Ankara und Istanbul wieder auf die Straße. Allein am letzten Samstag (04.01.14) kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der türkischen Polizei in Istanbul. Die Demonstranten fordern den Rücktritt der Regierung und Erdogans mit Parolen wie „Regierung tritt zurück“ und „Korruption ist überall“. Ungefähr 1000 Menschen wurden beim Protest mit Wasserwerfen und Gummigeschossen zurückgedrängt. Unter anderem wurden 36 Menschen, die bei Demonstrationen in Ankara festgenommen wurden, angeklagt, weil ihnen Terrorpropaganda und Mitgliedschaft einer Terrorgruppe vorgeworfen wurde. Mit solchen Vorwänden schürt die Regierung Angst unter den Demonstranten. Internationale Bestürzung ist die Folge. Der zuständige EU-Kommissar, der für den EU-Beitritt der Türkei verantwortlich ist, Stefan Füle forderte die Türkische Justiz auf, die Fälle endlich unabhängig und transparent aufzuklären.

Bild: Fleshstorm via Wikimedia Commons

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Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 06. January 2014
Kategorie: Die Welt da draußen

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