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Die Welt da draußen

Rechts und rechter

von Theresa Friedle

Es gibt Vereine, in denen scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Viele Menschen würden bei diesem Satz vermutlich an die katholische Kirche denken, doch ich meine damit die Burschenschaften, die kürzlich wieder einen erheblichen Rechtsruck durchliefen.

Nun kann man natürlich anmerken, dass diese Studentenverbindungen noch nie sonderlich demokratisch oder liberal waren. Doch diese Einschätzung stimmt nur zum Teil.

Vor zwei Jahren stellte die „Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ auf dem Burschentag in Nürnberg den Antrag, die Burschenschaft „Hansea Mannheim“ aus der Deutschen Burschenschaft auszuschließen, da diese ein chinesischstämmiges Mitglied in ihren Reihen hatte. Aufgrund des großen öffentlichen Drucks musste der Antrag jedoch zurückgezogen werden. Doch es schien, als sei das der letzte Sieg der liberalen Gruppen gewesen. Denn was sich im letzten halben Jahr in der Deutschen Burschenschaft ereignete, darf fast als Putsch bezeichnet werden. In mehreren E-Mails hatten sich die eher rechten Bruderschaften der Gemeinschaft darauf verständigt, die liberaleren Bruderschaften aus allen leitenden Positionen des Dachverbandes Deutsche Burschenschaft zu drängen. Dies ist ihnen auch gelungen, denn nach dem Burschentag im November 2012 war die Trennung besiegelt und seitdem sind fast zwei Dutzend liberale Burschenschaften aus dem Dachverband ausgetreten. Die Leitung haben die Wiener Tutoren übernommen, ein Verein, der selbst für die Burschenschaftliche Gemeinschaft ein Hardliner ist. Daher können sich die rechten und völkischen Ideen in der Deutschen Burschenschaft weitgehend ungestört ausbreiten. Dies zeigt sich auch in den Anträgen, der für den Burschentag im Mai gestellt wurde: Wie schon vor zwei Jahren gefordert, sollte ein „Ariernachweis“ erbracht werden, um Mitglied in einer Burschenschaft werden zu können. Dazu sollten die Bewerber in drei Kategorien eingegliedert werden:  Deutsch, abendländisch-europäisch und nicht-abendländisch-europäisch. Im letzten Fall sollte eine „Einzelprüfung“ nötig sein, die zwar schriftlich, aber ohne Begründung erfolgen sollte. Des Weiteren dürften laut des Antrags nur männliche Studenten Mitglied einer Burschenschaft sein. Außerdem gab es weitere Anträge, in denen zum Beispiel die Einführung einer Pflichtmensur (Kampf mit scharfen Waffen zwischen Mitgliedern unterschiedlicher Studentenverbindungen), „Gleichbehandlung“ aller Parteien (zum Beispiel der NPD) oder Institute zur Erforschung von Deutschfeindlichkeit gefordert werden. Zumindest einige dieser Anträge konnten zum Glück abgewehrt werden, so wurde über den Antrag des „Ariernachweises“ angeblich gar nicht abgestimmt.

Da nun die meisten der liberaleren Burschenschaften ausgetreten sind, vertritt die Deutsche Burschenschaft nur noch circa 90 der 300 deutschen Burschenschaften und auch die Burschenschaften selbst machen an den Studentenverbindungen nur noch einen kleinen Anteil aus. Trotzdem sollte man sie nicht unterschätzen, denn gerade für die chronisch klammen, jungen Neonazis sind die Burschenschaften mit einer langen Tradition und sogenannten „alten Herren“, die aus alter Anhänglichkeit das Image der Burschenschaft um jeden Preis bewahren wollen, ein Paradies. Und die Gruppen wiederum, die unter Nachwuchsmangel leiden, sind durchaus bereit, rassistische Äußerungen unter den Tisch fallen zu lassen, wenn sie sie nicht selbst unterstützen. Auch im Verfassungsbericht tauchen immer wieder Burschenschaften auf, da ihre Mitglieder zum Teil offen rechtsextrem auftreten. Außerdem werden die Burschenschaften nur in Deutschland als harmlos angesehen. In Österreich, wo es ebenfalls eine solche Tradition gibt, sind diese weitaus wichtiger und prägen daher auch das politische Klima. Denn das ist die größte Gefahr bezüglich der Burschenschaften: Dass man sie vergisst. Denn wäre nicht der Aufschrei in den Medien gewesen, wäre der „Ariernachweis“ vielleicht schon im ersten Durchlauf durchgekommen.

Bildquelle: By Eckhard Henkel (own work), (CC-BY-SA-3.0(http://www.creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.de)), via Wikimedia Commons.

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Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 11. June 2013
Kategorie: Die Welt da draußen

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2 Kommentare zu “Rechts und rechter”

  1. Ich finde, der Artikel zeigt zwar eine grundlegende Problematik auf, aber tatsächlich werden hier alle Burschenschaften über einen Kamm geschoren. Das wahren von Traditionen ist nicht zwangsläufig ‘rechtsextrem’, die Burschenschaften werden hier gemeinhin als negative und bedrohliche Gruppierungen dargestellt. Dann verstehe ich zwar die Warnung vor ‘rechten Ideen’, ich weiß jedoch nicht, was an ‘völkischen Ideen’ zwangsläufig schlecht sein soll, solange sie nicht rassistisch sind – Immerhin haben genau diese Burschenschaften mit solchen Ideen maßgeblich zur Entstehung unseres Landes beigetragen (Hambacher Fest, Revolution 1848 usw.).Außerdem war der Seitenhieb auf die heilige Kirche nicht nur unangebracht, sondern auch nicht notwendig für den Artikel.

    Geposted von Christian | June 11, 2013, 14:41 | Antworten
  2. Der Spiegel lässt grüßen.
    Mir fehlt hier wieder leider eine eigene Meinung oder ein eigenes Fazit.

    Geposted von critic again | June 11, 2013, 22:40 | Antworten

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