derfarbfleck

LGH im Ausland

Unfreundliche Lederhosen, geiziges Sauerkraut

von Marina Schmidt

Vorurteile hat jeder. Der Franzose läuft immer mit seinem Baguette herum, in England regnet es immer und alle Spanier machen ihren berühmten Mittagsschlaf, die „Siesta“.

Daher ist es auch nur logisch, dass andere Länder auch Vorurteile gegenüber uns Deutschen haben. Manche lustig und manche wirklich erschreckend, verblüffend und wieder andere so, dass man nur den Kopf schütteln kann. Nachdem ich nun gerade drei Monate in Spanien war, habe ich hier die Klischees über uns Deutsche zusammengefasst, die ich immer wieder zu hören bekommen habe.

Zuerst einmal die, die mich wirklich zum Lachen gebracht haben: Dass wir Deutschen ziemlich viel Bier trinken sollen, ist ja allgemein bekannt. Aber dass uns das schon ab 12 Jahren und sogar bei der Arbeit und während des Schulunterrichts erlaubt sein soll, war mir neu und es hat sicher eine halbe Stunde gedauert, die lieben Spanier vom Gegenteil zu überzeugen. Außerdem ist es nach deren Vorstellungen bei uns Pflicht, sonntags eine Lederhose beziehungsweise ein Dirndl zu tragen und traditionell gibt es zwei Mal pro Woche Sauerkraut und Weißwürstchen, natürlich immer in Begleitung von viel Bier. Kein Wunder, dass der Deutsche laut diesen Aussagen dick ist. Zudem kommt, dass wir Deutschen keine Feste und Partys feiern können und wenn wir Musik hören, dann – was auch sonst- Volksmusik. Des Weiteren würden wir Deutschen uns über unsere Autos definieren. Jeder der keinen BMW, Mercedes oder Porsche fahre, sei gesellschaftlich nicht mehr anerkannt.

Diese Vorurteile bringen uns vielleicht zum Lachen, aber wirklich übel nehmen kann man das den “Ausländern” nicht. Und jeder, der einmal hier in Deutschland war, kann sich schnell vom Gegenteil überzeugen. Ganz anders bei den Klischees, die sich nicht auf das Äußere konzentrieren, sondern auf die Mentalität. Und da kommen wir Deutschen gar nicht gut weg:

Wir sind immer ernst, abweisend und unfreundlich Fremden gegenüber. Zudem leben wir nur für die Arbeit, sind verlässlich und überpünktlich, aber auch leicht beeinflussbar. Wir sind zwar intelligent, aber sehr kaltherzig; sparsam, aber sehr geizig. Wir sind diszipliniert, zu diszipliniert. Und genau das ist auch der Grund, warum alle Deutschen Kinder hassen. Und als Letztes, das natürlich nicht fehlen darf, sind wir weltfremd, ablehnend gegenüber anderen Kulturen und anders aussehenden Menschen, kurz: Wir sind rassistisch. Dieser Punkt steckt wahrscheinlich auch fast 70 Jahre nach Hitlers Lebzeiten immer noch so in den Köpfen anderer Nationen, dass er automatisch auf die nachfolgenden Generationen übertragen wird. Daran können wir wahrscheinlich wenig ändern, das kann nur die Zeit.

Aber die Offenheit gegenüber anderen Menschen, die hält sich doch in Deutschland sehr in Grenzen. In Spanien zum Beispiel wurde ich offen und sehr freundlich empfangen, obwohl ich Ausländerin war, und dazu sogar noch Deutsche. Wenn wir uns davon eine kleine Scheibe abschneiden könnten, würde sich das ein oder andere Vorurteil wie von selbst in Luft auflösen.

Das Bild eines typischen Deutschen aus Sicht der Spanier ist also eine dicke, grimmig schauende Person in Lederhose beziehungsweise Dirndl, mit einem Glas Bier in der Hand und hinter dem Steuer eines protzigen Porsche sitzend. Und sobald ein Kind undiszipliniert in der Gegend herumrennt, würde man es am liebsten überfahren.

Das letzte Klischee: Wir Deutschen könnten keinen Fußball spielen! Na, da haben wir den Spaniern spätestens nach den beiden Champions-League-Halbfinalen das Gegenteil bewiesen. Vielleicht war das ja ein erster Schritt in Richtung Besserung unseres Images.

Bildquelle:  User:Purodha auf http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bierflaschen_aus_Deutschland_2.jpg?uselang=de#globalusage

Dieser QR-Code enthält den Link zum Online-Artikel
Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 11. May 2013
Kategorie: LGH im Ausland

Der Artikel ist urheberrechtlich geschützt und darf nur zu privaten Zwecken weiterverwertet werden. Jede andere Verwendung bedarf der schriftlichen Genehmigung des Autors. Für Leserbriefe nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion unterhalb des Online-Artikels.

Ein Kommentar zu “Unfreundliche Lederhosen, geiziges Sauerkraut”

  1. Ein richtig guter Artikel, auf den ersten Blick ziemlich lustig, aber auf den zweiten sogar mehr als das: Den Deutschen wird hier zwar kein Spiegel vorgehalten, aber ein Portrait, und das schadet uns tatsächlich nicht.
    Der Appell am Ende des Textes, sich eine Scheibe abzuschneiden, ist gut plaziert. Dadurch wird der Artikel nicht nur lesenswert, sondern richtungsweisend.
    Gruß,
    Chris

    Geposted von Christian | May 22, 2013, 14:09 | Antworten

Lass einen Kommentar da