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Die Welt da draußen

Eine griechisch-zypriotische Tragödie

von Theresa Friedle

Schuldenkrise, Staatspleiten, Rettungsschirme – die meisten können es langsam nicht mehr hören. Die wollen doch alle nur Geld von uns! Doch nachdem nun nach Griechenland auch Zypern vor dem Abgrund steht, fragt sich auch der eine oder andere, wie es weitergehen soll. Denn in dieser Krise geht es keineswegs nur um Banken und Staaten, wie das Beispiel Zypern zeigt, wo der Staat sich seine Schulden einfach mal von Anlegern bezahlen lässt. Damit wird das sowieso schon geplagte Volk in die Pflicht genommen. Denn während in Deutschland die meisten Menschen es als Grundrecht betrachten, dass sie im Notfall Geld von der Bank abheben können, waren diese in Zypern nun für zwei Wochen geschlossen. Und auch wenn sie jetzt wieder geöffnet sind, wird die zyprische Börse noch bis zum Ersten April geschlossen bleiben. Und wer ist schuld daran? Natürlich mal wieder die Deutschen mit ihrer Sparpolitik. Denn das neue Sparprogramm der EU sah vor, dass die beiden größten Banken Zyperns zusammengelegt werden. Für diese Umstrukturierung mussten die Banken geschlossen werden. Doch wie konnte das passieren? Zwar war Zypern schon lange verschuldet, doch eine so drastische Maßnahme war nicht einmal in Griechenland nötig gewesen.

Dazu muss man zuerst wissen, dass die zyprischen Banken aufgrund der gemeinsamen Sprache viele Geschäftsbeziehungen mit Griechenland hatten, vor allem waren beide Banken im Besitz von griechischen Staatsanleihen. So waren beide schon 2009, als die griechische Tragödie ihren Lauf nahm, tief in die griechische Wirtschaft verstrickt. Dennoch bestanden sie noch 2010 zwei Stresstests von der europäischen Aufsicht mit Bravour. Dies konnte nur geschehen, weil die Initianten des Tests nicht auf die Idee kamen, dass auch Staatsanleihen an Wert verlieren könnten, und somit ein beträchtliches Risiko darstellten. Da beide Banken über ein beträchtliches Eigenkapital verfügten, bestanden sie die Stresstests, so dass sie keinen Grund sahen, ihren Kurs zu ändern. Im Gegenteil: bis 2011 nahmen sie immer mehr griechische Staatsanleihen auf und stürzten sich auf Investitionsmöglichkeiten in dem Land, das andere Investoren inzwischen wie die Pest fürchteten. Gleichzeitig schütteten die Banken, ermutigt durch die Stresstests, üppige Dividenden aus, sodass das Kapital immer weiter schwand. Erst Ende 2011, nachdem die EU im Zuge eines Rettungsschirms für Griechenland auch deren Staatspapiere herabgestuft hatte, machten die Banken eine Kehrtwende. Man werde versuchen, die Anlagen in griechische Papiere zu verringern, hieß es.

Doch diese Einsicht kam zu spät. Obwohl die Banken hastig Kreditvergaben zusammenstrichen, wurden sie bei einem dritten Stresstest im Dezember 2011 zu den 31 Finanzinstituten gerechnet, die zusätzliches Eigenkapital brauchen. Bis Juni 2012 hatten die Banken Zeit, neues Kapital zu beschaffen. Sie haben es nicht geschafft, und rissen so ganz Zypern mit in den Abgrund.

Deshalb ist nun wieder einmal ein Rettungsschirm fällig, nach Griechenland, Irland, Portugal und Spanien ist Zypern das fünfte Land, das diesen in Anspruch nimmt. Überraschenderweise wird sich auch Russland an der Rettung beteiligen, und zwar mit einem Kredit von 2,5 Milliarden Euro, der schon im Sommer 2011 vergeben wurde.

Doch selbstverständlich kommt dieser Rettungsschirm nicht umsonst. Und damit wären wir wieder bei den ganz normalen Leuten auf der Straße, die nun nämlich Zypern retten müssen. Dafür muss zunächst die Einkommenssteuer, die bisher eine der niedrigsten der Welt war, steigen. Außerdem sollte jeder Kontoinhaber eine Abgabe von fast 10% zahlen. Dies trifft jedoch nicht nur zyprische Bürger, die die Abgabe als sehr ungerecht empfinden, sondern auch russische und vor allem griechische Sparer. Um eine Kapitalflucht zu unterbinden wurden die Banken geschlossen, bis das entsprechende Gesetz verabschiedet worden war. Wurde es aber nicht. Kein einziger der zyprischen Abgeordneten stimmte für das Gesetz. Stattdessen sollte ein Solidaritätsfond helfen. Außerdem hoffte Zypern auf weitere Hilfe aus Russland. Putin jedoch enttäuschte diese Hoffnungen. In den nächsten Tagen scheiterte auch der Wunderfond. Und nun da alle Stricke reißen, kommt die Zwangsabgabe wieder auf den Tisch. Doch zunächst kam Zypern den Rettern entgegen, indem es der Aufspaltung der zweitgrößten Bank des Landes zustimmte. Und dann ist sie wieder da: alle Einlagen bei der größten Bank Zyperns über 100 000 Euro sollen mit einer einmaligen Steuer von 20% belegt werden. Auch andere Banken sollen, wenn auch geringere, Steuern verlangen. Damit ist die Apokalypse abgewendet, der Austritt Zyperns aus der Eurozone oder gar sein Bankrott ist vom Tisch, dennoch bleibt die Frage: Was ist die Lektion dieses Dramas? Vielleicht, dass schwere Entscheidungen manchmal unabwendbar sind. Und dass die Eurokrise noch längst nicht ausgestanden ist.

Bildquelle: von User:Vzb83 (Eigenes Werk) [Public domain], via Wikimedia Commons

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Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 08. April 2013
Kategorie: Die Welt da draußen

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2 Kommentare zu “Eine griechisch-zypriotische Tragödie”

  1. Hier wurden schön Fakten zusammengesammelt. Die so aber schon überall gehört wurden. Mir fehlt in diesem Artikel leider eine Schlussfolgerung, der die Lektion am Ende nicht gerecht werden kann. Schade.

    Geposted von critic | April 10, 2013, 22:09 | Antworten
  2. Bleibt die Frage, warum muss ein Land total kaputt gehen, nur um in der Eurozone zu bleiben? Wäre es nicht viel sinnvoller, dem Land die möglichkeit zu geben, seine eigene Währung abzuwerten, sich selbst zu stabilisieren und normale finanzielle Wege zu gehen?
    Nein, lieber lässt man die eigenen Bürger hungern und es zu bürgerkriegsnahen Zuständen kommen, der Euro ist ja heilig. Wenn das mal nicht von langer Hand geplant ist.

    Und bei uns wird es auch noch soweit kommen! Die EU setzt alle auf einen gemeinsamen, niedrigstmöglichen Standard herab!

    Geposted von 128 | April 11, 2013, 22:14 | Antworten

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