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Die Welt da draußen

Kriminelle an die Macht!

von Theresa Friedle

Er ist 76, wurde bereits 28 mal angeklagt, davon jedoch nur 3 mal zu Geldstrafen verurteilt, aktuell läuft ein Verfahren gegen ihn im Falle der Unterstützung der Prostitution Minderjähriger. Gegen diesen Vorwurf wehrte er sich mit den Worten: „besser als schwul zu sein“. Nebenbei war er auch noch vier mal Ministerpräsident Italiens.

Als Silvio Berlusconi 2011 aufgrund des zunehmenden Drucks der Bevölkerung und er EU zurücktrat, atmeten viele europäische Politiker erleichtert auf. Mit dem kurz darauf gewählten Monti ließ es sich schließlich wesentlich leichter in ihrem Sinne wirtschaften. Doch obwohl im Sommer 2012 erste Erfolge zu verzeichnen sind, und das Land langsam wieder auf die Beine kommt, gibt dieser Musterpräsident Ende 2012 bekannt, 2013 nicht erneut kandidieren zu wollen. Und kurz darauf ertönt die frohe Botschaft: „Silvio ist wieder da!“. Schweren Herzens erklärt sich Berlusconi, der 2011 noch geschworen hatte, nie wieder in die Politik zurückzukehren, dazu bereit, seinem von Schicksalsschlägen und der EU gebeutelten Land wieder als Ministerpräsident zur Seite stehen zu wollen. Im darauf folgenden Wahlkampf holt er mit wahnwitzigen Versprechungen erschreckend schnell auf. Allen Grundstückbesitzern werde er zur Not aus eigener Tasche die Immobiliensteuer zurückzahlen. Auch Steuer- und Bausünder will er amnestieren lassen. Als zwei Wochen vor der Wahl die letzten offiziellen Umfragen durchgeführt werden, liegt seine rechte Partei nur noch knapp hinter der sozialdemokratischen Partei.

Sonntag und Montag wurde gewählt, und fürs Erste können Merkel und Co. aufatmen: der Medienzar ist zweiter geblieben. Nur 5 Prozentpunkte blieb er hinter den Sozialdemokraten. Damit steht die Italienische Regierung kurz vor dem Patt, sprich einer regierungsunfähigen Regierung. Doch dies liegt nicht nur an mitte-links und rechts, sondern vor allem auch an neunzehn sehr entscheidenden Prozenten. Diese erhielt die Protestpartei „Fünf-Sterne-Bewegung“ des ehemaligen Kabarettisten Grillo. Und diese sind im Moment noch absolut unberechenbar: Auf der einen Seite sind sie ähnlich antieuropäisch wie Berlusconi und ebenso aggressiv/begeistert. Auf der anderen Seite fordern sie ein bedingungsloses Grundeinkommen von tausend Euro und wollen gegen die Korruption vorgehen. Und vor allem sind sie wütend. Und das schreien sie aus vollem Halse heraus.

Nach der Auszählung scheint jedoch eine Neuwahl am wahrscheinlichsten. Zwar hat das Mitte-links Bündnis im Abgeordnetenhaus ganz knapp die absolute Mehrheit erlangt und erhält damit die meisten Sitze, jedoch ist das andere Haus, der Senat, faktisch ohne Führung, da hier keine der großen Parteien eine absolute Mehrheit von 138 Sitzen erlangt hat. Theoretisch könnte sich Bersani, der Spitzenkandidat der Mitte-links Partei mit Berlusconi oder Grillo zusammenschließen, dies ist aber mehr als unwahrscheinlich.

Damit ist die Schicksalswahl zu einer Schock-Wahl geworden, wie eine italienische Zeitung schrieb. Anstatt den Euro zu stärken und das Land weiter voranzubringen, haben sie ein Patt hervorgebracht. Dazu kommt eine extrem geringe Wählerbeteiligung von 75%. Auch eine Neuwahl ist nicht so einfach wie es sich anhört, denn dafür müsste zuerst das Wahlrecht geändert werden. Jedenfalls ist diese Wahl vielleicht vorbei, aber noch lange nicht ausgestanden. Ein Trost ist es, dass die Italiener zuletzt klug genug waren, den Cavaliere nicht noch einmal die vollständige Macht zuzusprechen.

 Bildquelle: By Ricardo Stuckert/PR (Agência Brasil [1]) [CC-BY-3.0-br (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/br/deed.en)], via Wikimedia Commons

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Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 26. February 2013
Kategorie: Die Welt da draußen

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