derfarbfleck

Farbflecken

Von der Kunst des Sprechens

von Robin Sluk

„Das Gespräch, die Sprache sind die ersten und grundlegendsten Errungenschaften des Menschen.“

So oder ähnlich lautet eine oft zitierte und weitverbreitete Meinung der heutigen Tage. Doch was birgt der bloße Austausch von Informationen, das dazu berechtigt, ihn eben als das erste und höchste, was der Mensch erreichte, zu bezeichnen?

Es ist eben nicht nur der bloße Austausch von Information, der der Sprache zugrunde liegt. Sprache ist vielmehr die komplexeste soziale Interagitation zu der uns bekannte Lebewesen fähig sind. Ein aufmerksam geführtes Gespräch birgt die ganze Persönlichkeit, das ganze Wesen der beteiligten Gesprächspartner, ist größte Geistesanstrengung, bindet Freundschaften, entfacht Liebe. Es ist mehr als Reden, welches all dies birgt. Es ist der stete Wechsel von Ausdrücken und Verstehen, Reden und Zuhören, Mitteilung und Anteilnahme. Denn zum Gespräch, zur Konversation gehört mehr als nur das bloße Aussprechen dessen, was in den eigenen Gedanken vorgeht, ebenso wichtig ist das Aufnehmen und Verstehen der Standpunkte und Überzeugungen des Gegenübers. Eine Symbiose auf der sozialen und der selbstverwirklichenden Ebene. So, als dass man sich gegenseitig kennen und schätzen, beziehungsweise auch nicht schätzen lernt. Und so, als dass es eben höchste Geisteskraft und Konzentration benötigt, sowohl seine Standpunkte auszuformulieren und verständlich zu machen, als auch die des anderen zu begreifen und auf diese einzugehen.

Eine weitere Anforderung des Gesprächs ist die gegenseitige Rücksichtnahme. Eine echte Konversation kommt nur zustande wenn man sowohl das Gegenüber ausreden lässt, als auch die eigenen Standpunkte mit einer gewissen Energie hervorzubringen weiß. Ein purer Egoist, der nur redet und sich weigert dem anderen/ der anderen zuzuhören wird nie eine echte Konversation führen. Und einer, der sich des Versuches weigert, das Gesagte zu verstehen, wird selten zu komplexeren, hinterfragten Erkenntnissen gelangen.

Ein Problem, das sich in der heutigen Zeit der Hast und Technokratie immer mehr ausgeweitet hat. Wer meint er habe noch die Zeit und die Lust dazu, sich gepflegt zu unterhalten? Und wer, der guten Willens ist, wird nicht andauernd von denen unterbrochen, die nur den eigenen Vorteil im Sinn haben, das Gespräch an sich reißen und anstatt es zu bereichern, es zu seiner vollständigen Auflösung führen? Und wer getraut sich diese, wenn sie einmal begonnen haben, zum Enden zu bewegen?

Die Sprache an sich wird immer mehr vereinfacht, mit Anglizismen überschwemmt, dient immer mehr dem bloßen Informations- und Faktenaustausch, womit wir wieder am Beginn dieses Artikels angelangt wären.

Noch ist die Sprache nicht allein über ihren Informationsgehalt definiert, doch wir müssen uns Mühe geben, damit es nicht dazu kommt.

Bildquelle: By Deborah MacLean (own work), ((CC-BY-1.0(http://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de)), via Flickr

Dieser QR-Code enthält den Link zum Online-Artikel
Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 23. February 2013
Kategorie: Farbflecken

Der Artikel ist urheberrechtlich geschützt und darf nur zu privaten Zwecken weiterverwertet werden. Jede andere Verwendung bedarf der schriftlichen Genehmigung des Autors. Für Leserbriefe nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion unterhalb des Online-Artikels.

Keine Kommentare bisher zu “Von der Kunst des Sprechens”

Lass einen Kommentar da