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Die Welt da draußen

China erneuert sich

von Theresa Friedle

China, das ist das Land mit der weltweit höchsten Einwohnerzahl, in dem Menschenrechte verletzt werden und das uns wahrscheinlich bald auf dem Wirtschaftsmarkt überholen wird. Ach ja: Eine Regierung oder so was Ähnliches gibt es dort natürlich auch. Doch wer ist das? Wer sind die Gesichter hinter dieser Macht? Wer das bisher nicht wusste, hat jetzt eine neue Chance, die Namen auswendig zu lernen, denn die Führungsriege der Volksnation wurde im November letzten Jahres neu besetzt.

Nachdem sich die Oberen der Partei im Sommer für mehrere Wochen zu geheimen Tagungen in den Badeort Baidaihe getroffen hatten, fand auf dem letzten großen Parteitag jetzt die „Wahl“ statt: Statt der bisherigen neun werden es nun nur noch sieben starke Männer im ständigen Ausschuss des Politbüros sein. Herausgestrichen wurde dabei das Mitglied, das für die Sicherheit zuständig ist. Damit sind die Polizei und der Geheimdienst nicht mehr im mächtigsten Gremium Chinas vertreten. Doch auch wenn das auf den ersten Blick positiv scheinen mag, ist die Partei von einer Modernisierung oder Demokratisierung weit entfernt. Der jüngste von diesen Männern, deren Namen in der Partei längst als die Wahrscheinlichsten gehandelt wurden, der zukünftige Ministerpräsident Li Keqiang, ist 57, das neue Parteioberhaupt Xi Jinping 59, alle anderen sind 64 und älter. Zusätzlich vereint Xi Jinping jetzt schon mehr Macht in einer Person als sein Amtsvorgänger bei dessen Amtsantritt. Denn dieser hat nicht nur seinen Posten, sondern auch das Kommando über das Militär an Xi weitergegeben. Wenn er jetzt auch noch im März diesen Jahres wie erwartet Präsident wird, vereint er die drei wichtigsten Positionen Chinas in sich.

Doch trotz der Tatsache, dass es jetzt nur noch sieben statt neun Männern sind, viel hat sich nicht geändert. Dabei wären Reformen dringend nötig, nicht mal unbedingt, um das Land westlichen Vorstellungen anzupassen, sondern schlicht und einfach, um zu überleben. Zunächst klafft die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander, zur Zeit besitzt ein Prozent der Chinesen circa 40% des Eigentums. Auch die Umweltverschmutzung schreitet immer weiter voran, bis 2020 will die Regierung die bisherige Kapazität durch Atomkraftwerke verachtfachen und muss dafür Dutzende neue bauen. Auch die Vernetzung zwischen Wirtschaft und Staat nimmt unhaltbare Ausmaße an, die zahllosen Staatsbetriebe arbeiten zwar ineffizient, werden aber vom Staat bevorzugt behandelt. Außerdem ist das Land zunehmend abhängig vom Export, was insbesondere bei Rezessionen in anderen Teilen der Erde verheerende Auswirkungen haben könnte.

Doch trotz dieser pessimistischen Prognose klingen in Xi Jinpings Antrittsrede zarte Anzeichen eines Wandels an: Gegen die Korruption wolle er hart vorgehen, und das Leben des Volkes verbessern. Nicht ganz das große Glück, nach dem sich viele Chinesen sehnen, aber doch etwas. Am Ende seiner Rede überwiegt wieder das alte, faschistoide Denken im großen China: Das Individuum allein sei nichts, die Partei hingegen alles, betont der zukünftige erste Mann der aufkommenden Weltmacht.

Bildquelle: By GoShow (Own work), (CC-BY-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de)), via Flickr and Wikimedia Commons

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Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 19. February 2013
Kategorie: Die Welt da draußen

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