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Die Welt da draußen

Rassismus in Deutschland?

von Theresa Friedle

Rassismus in Deutschland? Gibt es nur in der NPD, und die wird ja eh bald verboten. Na gut, Sarrazin vielleicht noch. Aber der hat ja auch Recht mit vielem, was er sagt.


Solche rassistischen und verharmlosenden Äußerungen sind laut einer aktuellen Umfrage in Deutschland erschreckend weit verbreitet. So stimmten etwa fast 50% der Befragten der Aussage „In Deutschland leben zu viele AuslĂ€nder“ zu. Ebenso waren 20% der Befragten der Meinung, wenn es weniger ArbeitsplĂ€tze gebe, sollten AuslĂ€nder wieder zurĂŒckgeschickt werden. Diese Ergebnisse sind wirklich ein Armutszeugnis, vor allem fĂŒr ein Land mit unserer Vergangenheit. Doch es lohnt sich, die Ergebnisse der Studie einmal nĂ€her zu betrachten, bevor man diese fĂŒr unreflektiert hĂ€lt.

Die Deutschen sind nĂ€mlich nicht nur radikaler geworden. So sind zum Beispiel Sexismus, Antisemitismus und Homophobie zurĂŒckgegangen im Vergleich zu frĂŒheren Studien. Doch die Ergebnisse unterscheiden sich nicht nur nach Zeit, sondern auch nach Umfrage. Es gibt nĂ€mlich noch eine Umfrage und diese kommt zu ganz anderen SchlĂŒssen. Laut dieser Langzeitstudie gehört Deutschland zu den fremdenfreundlichsten LĂ€ndern Europas. Doch wie können zwei so Ă€hnliche Studien zu so unterschiedlichen Ergebnissen kommen? Zumal sich beide Ergebnisse aus der deutschen Geschichte begrĂŒnden ließen? Zuerst einmal war die Vorgehensweise bei den beiden Studien entgegengesetzt. Bei der ersten Studie wurden den Menschen Aussagen vorgelegt, die möglichst unterschwellig rechtsradikal waren, bei der anderen Studie waren die Aussagen hingegen möglichst fremdenfreundlich. In beiden Studien stimmten viele Menschen den Aussagen zu. Doch was bedeutet das?

ZunĂ€chst einmal zeigt die zweite Studie, dass die Menschen sich sehr wohl bewusst sind, was politisch korrekt ist und wie die offizielle Haltung zu AuslĂ€ndern aussieht. Und das Ergebnis zeigt, dass wir uns auch unserer Vergangenheit bewusst sind und uns daher sogar toleranter zeigen als andere europĂ€ische LĂ€nder ohne Altlasten. Doch die andere Umfrage enthĂŒllt, dass diese Ansicht nicht so fest in unserer Moral verankert ist, wie es wĂŒnschenswert wĂ€re. Im Gegenteil: Wenn es eng wird, versuchen die meisten Deutschen eher die TĂŒren zuzumachen, was durchden Standpunkt zu den ArbeitsplĂ€tzen bewiesen wird. Das gefĂ€hrliche an dieser Aussage: auch wenn sie auf den ersten Blick rational wirkt, ist ihr Hintergrund doch ein rassistischer, vor allem, da eine Frage offen bleibt: welche AuslĂ€nder sind gemeint? Asylsuchende, die in ihrer Heimat verfolgt werden, dĂŒrfen nur sehr eingeschrĂ€nkt arbeiten. Damit bleiben als „AuslĂ€nder“ nur noch Deutsche mit Migrationshintergrund. Diese haben jedoch den deutschen Pass und sind oftmals in Deutschland aufgewachsen. Daher kann man auch sie nicht zurĂŒckschicken – wohin zurĂŒck denn auch? Dieses Beispiel verdeutlicht eine These, die schon lĂ€nger gilt: je weniger Kontakt Menschen zu „AuslĂ€ndern“ haben, desto ignoranter sind sie diesen gegenĂŒber.
Daher sollten wir uns alle merken, dass es nicht reicht, zu wissen, dass Rassismus falsch ist, sondern man auch danach handeln muss. DafĂŒr ist es wichtig, sich zu informieren und nicht die Augen zu verschließen, damit man nicht aufgrund falscher Vorstellungen (Vor-)Urteile fĂ€llt.

 

Bildquelle: By Bernd Schwabe in Hannover (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

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Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 09. January 2013
Kategorie: Die Welt da draußen

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