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Der fette König

von Benjamin Skulec

Es war einmal ein König, der hatte im Gefüge der Welt nicht viel zu melden. Er regierte aber in seinem kleinen Reich und hatte eine ausreichend große und fleißige Dienerschaft, welche sofort das ausführte was er befahl. Er frequentierte sie jedoch selten.

Und so saß der König nun den ganzen Tag da, regierte ein bisschen, aber kümmerte sich vor allem um die Anliegen seiner Untertanen. Da es allerdings keinen Krieg auszutragen galt, ward dem König bald langweilig. Während seiner Mußestunden ritt er ziellos in den Gestaden unter seiner Herrschaft umher.

Eines Tages ritt plötzlich der Baron, der Bruder des Königs durch das Tor. Der Baron war sehr kosmopolitisch eingestellt, er unterhielt viele Briefwechsel mit Personen in fernen Ländern. Er war hierher geritten, um sich mit dem König über Gott und die Welt, jedoch vor allem darüber, was es Neues gab, zu unterhalten. Der Baron hatte ein Rezept von einem Brieffreund zugesandt bekommen. Das Gericht war der letze Schrei in der Großen Stadt. Der König musste es probieren!

So geschah es auch und es mundete außerordentlich wohl. Er aß nun sehr gerne, jenes Gericht hatte ihm den Mund geöffnet!

Es dauerte nicht lange bis der König herausfand, dass Essen auch wunderbar gegen die schreckliche Langeweile half. Selbstverständlich konnte man seine neue Leidenschaft bald deutlich an seinen Hüften ablesen. Es war Fettdruck.

Das war nicht alles. Er wurde immer unzufriedener, sehr leicht reizbar. Er hörte seinen Untertanen nicht mehr zu und verachtete sie. Sein Wandel war zuerst mit Sorge, dann mit immer größer werdendem Hass im ganzen Königreich im Gespräch.

Und schlichen sich des Nachts dreizehn linkische Gestalten in des Königs Gemach, fesselten die schlafend im Bett sitzende Gestalt und stopften ihm ein Gericht nach dem anderen in den Rachen, sodass er unter viel Gurgeln und ersticktem Geschrei verendete.

 Sie lasen soeben eine Parabel. Diese enthalten einen tieferen Sinn, der sich jedoch, das ist quasi der Knackpunkt, erst durch Nachdenken erschließt. Vielleicht finden Sie ihn ja, den Sinn.

Bildquelle: By Tlumaczek (Wikipedia) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

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Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 30. November 2012
Kategorie: Farbflecken

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Ein Kommentar zu “Der fette König”

  1. Nach Umberto Eco ist ein offenes Kunstwerk, ein Text, dessen Leerstellen man füllen kann, diese jedoch dem Text gleich nach anpasst. Mit ihm entstanden und mit ihm verbunden also. Das wird mir nicht gelingen, denke ich. Leider. Denn der Text ist richtig gut, aber auch sehr gesellschaftskritisch.

    Dieses Essen – stellvertretend für die modernen Fehler – vereinahmt alle. Ja, es scheint fast wie eine Sucht zu sein. Sobald man einmal dieses Essen hatte, verlangt man nur noch nach diesem. Dies errinnert mich sehr an die 3 Arten der Gesellschaft. Auf welche genau du hier anspielst, ist mir noch nicht klar. Einmal gibt es die Risikogesellschaft (die Unwissenheit bildet ein Risiko, da die Wissenschaft alle Themengebiete versucht zu ergründen und dazu die Sicherheit und das Vertrauen fehlt), die Kommunikationsgesellschaft (zum Glück nur zu einem kleinen Teil; die Expansion hat eine große Bedeutung und der Informationsaustausch ist der zentrale Punkt (hier der Baron bzw. das Kosten müssen des Essens)) und auch die Erlebnisgesellschaft (Materalismus und Polarisierung der Gesellschaft (Essen) mit einer Erlebnissuche verbunden (Kosten); Frage nach der Selbstverwirklichung).
    Wenn man dies zusammenfasst, weißt dein Text nicht nur eine Verbindungen der Gesellschaften nach Miklos Tomka, sondern auch Parallelen zur heutigen Gemeinschaft auf.

    Ich denke nicht nur, dass hier klar die Frage nach der Selbstverwirklichung (warum der Verzicht auf neue Essen?!), die Suche nach allen Antworten und auch die Rache eine kleine Rolle spielt. Doch im Gegensatz zu den negativ belegten Wort “Rache” sollte man hier eher daran denken, dass – abgesehen von der brutalen Art – die Augen geöffnet werden, dass die Erlebnisgesellschaft mit den Ãœberfluss an Materalien endlich ein Ende nehmen sollte.

    Dein Text spiegelt ebenso viele Aspekte des Mensch seins wieder. Allein das Fehler machen oder auch der Großenwahnsinn ist hier desöfteren vorhanden. (Voll der Punkt der Antropologie – Like it!)

    Auch wenn hier nur kleine Dinge angeschnitten wurden, die der Text aussagen könnte, kann ich im großen und ganzen sagen, dass der Text sehr gelungen ist und ich mich über weitere freuen würde.

    Jedoch würde ich den Einstieg ein wenig interessanter gestalten, da er – zumindest mich – nicht sofort in den Bann zieht. Für mich sollte ein erster Satz die Neugier zum brodeln bringen und hier war das leider nicht ganz so der Fall…

    Viele Punkte der Gesellschaft erscheinen auch für mich, wie die Gesellschaft bzw. der moderne Mensch nach Erich Fromm. Die Menschen möchten in einer Welt ohne Gewalt und Betrug leben (König kümmert sich friedlich um die Sorgen, kein Krieg), ebenso sind Anzeichen des modernen Kapitalismus nach Fromm vorhanden. Fromm schreibt: “Der moderne Kapitalismus braucht Menschen, die in großer Zahl reibungslos funktionieren, die immer mehr konsumieren wollen, deren Geschmack standartisiert ist und leicht vorausgesehen und beeinflusst werden kann.”
    -> Klar, was ich ausdrücken möchte mit diesem Zitat?

    Ebenso geht es weiter: “[…] und trotzdem bereit sind, sich kommandieren zu lassen, zu tun, was man von ihnen erwartet, und sich reibungslos in die Gesellschaftsmaschinerie einzufügen”. “[…] und sich in seinem Denken, Fühlen und Handeln nicht von den anderen unterscheidet”
    -> Nur deine “Bösen”, die die falsche Richtung des Systems erkennen, lehnen sich gegen dieses auf.

    Desweiteren ist das nächste Zitat (nicht nur eine Denkanregung an die Leser) sondern zu deiner Geschichte passend: “[…] Des Menschen Glück besteht heute darin, “seinen Spaß zu haben”. Und man hat seinen Spaß, wenn man konsumiert und sich Gebrauchsgüter, Bilder, Essen, […] und Filme “einverleibt”, indem er alles konsumiert, alles verschlingt.”

    Auch wenn ich nun doch eine kleine Interpretation gestartet habe, könnte ich die Ansprüche Ecos nicht erfüllen, doch hoffentlich den Lesern weitere Denkstellen geben zum Nachdenken und auch weitere (evtl.) Leerstellen füllen.

    Doch weiter so!

    Geposted von Catwoman | December 6, 2012, 23:19 | Antworten

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