derfarbfleck

Farbflecken

Für die Musik

von Robin Sluk

Heute ist es selbstverständlich, Musik auf Youtube anzuhören, sie aus dem Internet herunterzuladen, ob legal oder illegal. Man kann sie unterwegs, zuhause, überall anhören, in überragender Qualität.

Doch letztendlich hört ein jeder Musik, doch niemand hört mehr zu.

Musik als Hintergrundbeschallung, als kurze Aufheiterung im stressigen Schul- beziehungsweise Arbeitsalltag,  und nicht als das, was sie ist: Kunst.

Denn schließlich ist es unglaublich, wie durch Aneinanderreihung verschiedener Frequenzen in einem Rhythmus ganze Gefühlswelten entstehen, denn, um ein altes Sprichwort abzuwandeln: Ein Akkord sagt mehr als tausend Worte.

Gut gemachte Musik, egal in welcher Geschwindigkeit, egal in welcher Lautstärke, egal ob sanft oder aggressiv, egal ob vielschichtig oder einfach gestrickt, ist etwas Wunderbares, drückt so unglaublich viel aus. Und doch ist die Musik und das Geschäft damit heute nichts weiter mehr, als einfachste Geldmacherei. Keinerlei Abwechslung, lediglich vorgehen nach ein und demselben Schema: Irgendeine einfache Melodie, die sich in das Gehirn frisst, so einfach und schnell vor sich hindudelnd, das man sie von der nächsten kaum unterscheiden kann, irgendein einfacher Text, der an die niederen Instinkte appelliert (Liebe, sich cool fühlen) und fertig: Der nächste große Superstar ist entstanden, den man dann gleich wieder verschwinden lassen kann, bevor es dann doch langweilig wird, aber nicht nachdem man nicht erst eine Menge Kohle mit ihm verdient hat. Der Nächste steht schon in der Schlange. Und niemanden interessiert es, solange es einfach nur einen „extrem geilen Bass“ hat, der nichts weiter tut, als vibrieren und somit Nerven zu stimulieren.

Und überhaupt nimmt sich auch fast niemand die Zeit einmal gepflegt und in Ruhe Musik zu hören, sie ist bloßes Hintergrundgeräusch.

Indiziert durch die Unpersönlichkeit einer Datei auf Computer oder MP3-Player oder eines Youtube- Videos, nimmt dieses Phänomen erschreckende Formen an. Das Verbindungsstück zwischen Hörer und Musik in Form von etwas greifbarem (Instrument, Schallplatte, CD)  geht verloren und somit auch die Faszination, die von ihr ausgeht. Wenn man immer nur ein paar Klicks entfernt ist von seinem Lieblingsstück, verliert es seine Bedeutung und immerzu vernachlässigt man seine Konzentration auf die Musik, denn schließlich bieten sich so viele Dinge nebenher an, aus jener kleinen Kiste, die man Computer nennt. Das bewusste Hören von Musik ist in dieser schnelllebigen Zeit verlernt worden, denn  es gibt hundert andere Dinge, die man tun kann/muss, oder eigentlich nicht muss, wenn man sich einfach nur mit einer Sache zu einer Zeit, dafür aber voll mit ihr beschäftigt. Denn 3 halbherzig getane Dinge verschaffen nicht einmal ein Drittel der Befriedigung, die ein einziges, bewusst getanes, verschafft.

Die Fähigkeit, sich für eines zu entscheiden geht verloren, denn man kann ja inzwischen alles gleichzeitig machen: Musik hören und lesen, spazieren gehen und telefonieren, auf die Toilette gehen und SMS schreiben.

Und so verblasst das Interesse an der Musik als Kunstform, sie ist ein reines Konsumgut geworden. Kein Wunder also, dass die Verkaufszahlen von CDs zurückgehen, überall dasselbe Bassgedröhne aus Lautsprechern dringt und der Gewinner der nächsten Hitparade hundertprozentig feststeht.

Ich würde mir wünschen, dass man sich eines Tages wieder darauf zurückbesinnt, wie unglaublich Musik sein kann und sie nicht nur als bloße Nebensache ansieht.

Ansonsten kann man wohl nicht mehr darauf hoffen, das mal wieder eine richtig gute Band groß wird und es nicht nur würdige Nachfolger für Led Zeppelin, Jimi Hendrix und all die anderen, sondern sogar gänzlich neue Legenden auf diesem Gebiet geben wird.

Bildquelle: TomTheHand auf WikimediaCommons

Dieser QR-Code enthält den Link zum Online-Artikel
Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 18. November 2012
Kategorie: Farbflecken

Der Artikel ist urheberrechtlich geschützt und darf nur zu privaten Zwecken weiterverwertet werden. Jede andere Verwendung bedarf der schriftlichen Genehmigung des Autors. Für Leserbriefe nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion unterhalb des Online-Artikels.

2 Kommentare zu “Für die Musik”

  1. Erstmal, der Artikel spiegelt viele Aspekte des “Musik hörens” der modernen Gesellschaft wieder.

    Aber man sollte nicht nur diese Bereiche als negativ ansehen, denn:

    Manchmal ist auch eine Ablenkung von Vorteil. Du kannst auch ab und zu gerne mal dein Lieblingslied hören und nebenher mit Freunden schreiben. Oder zeichnen. Da verbindet man sogar die Kunst. Und – auch wenn es ganz gegen deinen Artikel zu widersprechen scheint – hat man 2 Dinge gleichzeitig mit vollen Herzen getan. Jedoch sollte man dir zur Hälfte zustimmen, denn ich bin der Meinung, dass es nur bei einer Verbindung von Kunst – Ausdruck von Gefühlen – möglich ist, sich mit der anderen Kunst (hier: Musik) zu beschäftigen.

    Auch ich kenne das Erlebnis eine Musik zu hören und nicht nur “zu hören”. Auch das Hobby “Musik hören” ist nicht nur allseits beliebt, sondern auch eigentlich nur bekennen, dass man nicht stumm sich die manchmal komischen Geräusche seiner Umwelt anhört.

    Besonders stimmt das Argument des Ãœberhörens der Botschaften durch den Bass, aber in einer (weiteren) Tatsache möchte ich dir widersprechen. Selbst wenn das intensive Hören – wie ich es (evtl. falsch rausgelesen habe) nur bei ursprünglicher Musik möglich ist, kann man auch durch Bass in modernen Liedern eine Melodie erkennen, die sich nicht nur in den Kopf hineinfrisst. Wenn man das Unmögliche tut und Led Zeppelin mit Will Smith vergleicht, erkennt man, dass Will Smith (hier stellvertretend für moderene Musik) nicht nur Bass hat, sondern auch oft wahre Themen ansprechen desweiteren ähnliche Botschaften aussagen kann. Desweiteren sollte man moderne Musik nicht verallgemeinern, den Jack Johnson ist auch modern. Und selbst wenn Katy Perry auch als modern gelten lässt, ist der Unterschied zwischen den – neutral formuliert – schlichten Texten und denen von Jack Johnson sehr groß.

    Und sind wir doch mal ehrlich, auch wenn man die moderne Musik oft nur zum “Chillen” – wie der moderne Mensch sagt – hört, erlebt man doch die verschiedenen Melodien und auch die Kunst. Und ich würde nicht behaupten, dass moderne Musik den Trend und auch den Stil “urspünglicher” Musik verloren hat. Ganz im Gegensatz eigentlich: Sie hat ihn aufgegriffen, ein bisschen verfeinert oder auch teilweise mehr an die moderne – lockere – Gesellschaft angepasst.
    Darüber hinaus möchte ich für alle sagen, dass man einen Fehler niemals begehen sollte, indem man Moderne Musik die Charts nennt, denn wie man leicht erkennen kann, ist dies nur die Musik von Heute, doch diese ist morgen schon wieder vergessen.

    Die wahre Musik ist die, die einem im Herzen anspricht.
    Und am Besten mit einem Lächeln verzaubert.
    Das ist die wahre – natürlich in den Bereichen subjektiv gesehen, weshalb man auch kaum eine Verallgemeinerung vollziehen kann – Musik.

    Und das ist die Kunst der Musik, wenn sie mit Emotionen umgehen kann und dazu noch schafft Рallein durch Akkorde Рdie einzelnen Menschen (mit einem evtl. Ohrwurm verpasst) die Tage zu versch̦nern.

    Damit hat dein Artikel hat viele Wahrheiten, doch auch eine einsichtige Perspektive.

    Geposted von FreakyFriday | December 6, 2012, 22:26 | Antworten
  2. Voll den Kern getroffen, auch wenn du die heutige Musik meist negativ darstellst.
    Nur weil die Charts die Ohren mit Bässen befriedigen, heißt es nicht, dass alles schlecht ist.
    Wie Freaky Friday bereits geschrieben hat – Musik kann man nicht verallgemeinern und dazu würde ich sagen, dass Imagine Dragons auch gut sind. (Jetzt hört euch auch mal andere Lieder als diesen Top 1 Hit Radioactive an!)

    Cheers!

    PS: Und du hast recht, dass Musik hören inzwischen leider nur noch so passiv gemacht wird. PRO AKTIVES MUSIKHÖREN! :D

    Geposted von Cheers! | June 4, 2013, 16:12 | Antworten

Lass einen Kommentar da