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Die Welt da draußen

Four more years!

von Matthias Böttger

Nun ist er es also doch wieder geworden: Barack Obama, seines Zeichens 44. US-Präsident in der bald 57. Amtsperiode, hat es geschafft. Zwar ohne die ganze Ausstrahlung und den einfachen Glamour, den er 2008 an den Tag gelegt hat, ohne „change” und „hope”, ohne die Unverbrauchtheit eines Immigrantenkindes mit für die USA regelrecht revolutionären Ansätzen, die Politik umzugestalten. Aus Obama ist ein Realist geworden, er hat die Vorzeichen erkannt, unter denen die Weltpolitik in einer Zeit
des Aufstiegs Chinas und des Arabischen Frühlings steht. Seinen Idealismus aber, gerade in der Innenpolitik, hat er keinesfalls über Bord geworfen: jetzt muss er keine Rücksicht mehr nehmen, um seine eigene Wiederwahl zu sichern. Er kann frei entscheiden, was er für richtig hält – solange das Repräsentantenhaus, weiter in republikanischer Hand, es gutzuheißen vermag.

Doch für manchen klingen Obamas Vorschläge wie eine Wunschliste, deren Bezug zu den Interessen der Welt, denen der anderen Staaten und insbesondere der strategischen Partner vergeblich gesucht wird. Mehr denn je zuvor steht gerade das Wohl des eigenen Landes im Mittelpunkt. Nachdem er 2008 im Wahlkampf Berlin besucht hat, wurde Europa fast vollständig ignoriert. Engere Kooperation, „Bündnisse reparieren“, was er nach der aggressiven Bush-Politik tun wollte, das hat er nicht geschafft. Ob Romney diese Politik allerdings geändert hätte, bleibt fraglich. Obamas Fokus jedenfalls liegt auf Asien – doch auch dort ist das nationale Interesse mehr und mehr in den Vordergrund gerückt. Handelsvorteile werden proklamiert und so China auf einem Gebiet diskreditiert, auf dem es eigentlich gar nicht entgegen westlicher Moralvorstellungen handelt. Vielmehr rein ökonomisch, auf einen – seinen Aufstieg zur Weltmacht hin. Warum ist es den Amerikanern nicht möglich, die Erfüllung des Amerikanischen Traumes auch anderen zu gönnen?

Vielleicht weil der Anspruch der Gründerväter, jedem Menschen die Chance auf ein Leben ohne Armut, mit individueller Freiheit und höchstem, persönlichem Glück zu bieten, nicht mehr realisiert werden kann. Vielleicht, weil Amerika schwach geworden ist. Vielleicht, weil falsche Anreize gesetzt wurden. Vielleicht aber auch einfach nur, weil Amerika faul geworden ist. Gern rühmt man sich, durch Leistung stark geworden, eine Führungsnation, ein liberales Imperium zu sein. Aber: bleibt diese Leistung aus, kann auch nicht mehr angenommen werden, dass die anderen Staaten der Welt diese Ansprüche zu akzeptieren bereit sind.

Der Ansatz Romneys an dieser Stelle war es, den Einfluss des Bundes und des Staates im Allgemeinen auf das Leben der Bevölkerung zurückzudrängen. Damit kam er an, fast 60 Prozent der Weißen stimmten für ihn, 50% mehr als für Obama. Aber der Präsident überzeugte viele, gerade die Menschen ohne Schulabschluss, die bildungsfernen Schichten, dass der Staat die Chancen für eine wahre Ausfüllung des Amerikanischen Traumes schaffen muss, indem Unterschiede ausgemerzt werden. So konnte er mehr mobilisieren. Was Immigranten angeht, lag die Wahlbeteiligung, gerade in wichtigen Staaten wie Ohio, wo der Anteil dieser an den Wählern von elf Prozent auf 15 Prozent hochschnellte deutlich höher als 2008.

Doch die Europäisierung, das heißt der massive Ausbau der sozialen Sicherungssysteme, beispielsweise durch die Gesundheitsreform, und die weitgehende Öffnung des Bildungssystems, wird vor allem von Konservativen gerügt. Sie könnte auch der Grund sein, warum Obama sich nie direkt mit Europa identifizieren wollte. Denn eigentlich sind Amerikas Probleme ähnlich derer hierzulande. Jetzt hat der Präsident um das Budget zu kämpfen. Ohne Einigung werden zum nächsten Jahr automatisch die Ausgaben zusammengestrichen und Steuern, wohl für viele Unternehmer schmerzlich, erhöht.
Diesen neuen Herausforderungen muss sich Obama stellen; wenn er mit der eher mageren Bilanz der letzten Jahre in die Geschichte eingehen würde, dann sicherlich nur als erster farbiger Präsident.

Freunde hat Obama trotz seiner scheinbaren persönlichen Abneigung allerdings viele in Europa: Bundeskanzlerin Merkel hat ihn eingeladen, damit er das Land endlich auch in seinem Amt kennenlernt. Auch viele andere, weniger bekannte Politiker aus Bund und Ländern, aber auch aus den anderen europäischen Staaten, haben gratuliert. François Hollande, der Präsident der französischen Republik, tat das aber etwas peinlich. Als ob es sich um eine Wiederversöhnung gehandelt hätte, schrieb er „friendly, François Hollande“ unter seinen Brief. Als Franzose konnte er ja gar nicht wissen, dass ein Wort wie „amicalement“ kaum wörtlich zu übersetzen sei!

Angesichts dessen, was Obama in seiner weiteren Amtszeit „for four more years“ durchsetzen und erreichen kann, bleibt abzuwarten, welche Ergebnisse und Allianzen die Welt und das US-amerikanische Volk zu erwarten haben. Sollte dazu auch der sozialistische Präsident Frankreichs
gehören, kann man nur mit „best regards“, also besten Aussichten hoffen, dass die Ergebnisse bessere sein werden als das, was die Obama-Administration bislang seit 2008 erreicht hat.

Obwohl auch vieles erreicht wurde und die Kommunikation in den USA aber auch nach außen hin weitgehend verbessert wurde, muss der Präsident nun auch noch die Inhalte der Politik ändern. Nur so kann der Amerikanische Traum mitsamt allem Führungsanspruch noch lange Bestand haben!

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Quelle: derfarbfleck
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Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 08. November 2012
Kategorie: Die Welt da draußen

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