derfarbfleck

Die Welt da draußen

Legendär-revolutionär-winklär

von Theresa Friedle

Irgendwo in Baden-Württemberg, eine elfte Klasse im Englischunterricht. Die Frage: welcher deutsche Politiker kann es an Coolness mit Obama aufnehmen?

Einer der Schüler bringt es auf den Punkt: „In my opinion, the only politician in Germany who is as cool as Obama is Werner Winkler.“ Der Name scheint mehr oder weniger allen ein Begriff zu sein, nur mir sagt er nicht wirklich etwas. Als er am Freitag darauf in der „heute-show“, der Satiresendung des ZDF schon wieder fällt, beginnt er mich zu interessieren.

Also tue ich das, was heutzutage üblich ist, wenn man etwas nicht weiß: ich google ihn.

Das Erste, was ich finde: Wikipedia. Der Artikel ist nicht sehr lang und beschäftigt sich hauptsächlich mit den Arbeiten Werner Winklers und auf wessen Thesen er sich damit bezieht. Außerdem wird er als Erfinder des „Heißhungertests“ beschrieben. Überzeugt, den falschen Werner Winkler gefunden zu haben, lese ich nur noch halbherzig den Rest des Artikels, bis mir der letzte Satz ins Auge fällt: „auch das ZDF berichtete von Winklers Kampagne zur Urwahl des Spitzenkandidaten von Bündnis 90/die Grünen“. Scheinbar habe ich also doch den Richtigen gefunden. Als ich den Text jetzt nochmal lese, diesmal etwas aufmerksamer, erfahre ich, dass Werner Winkler zwar durchaus Arbeiten geschrieben hat und auch einige seltsame Tests entwickelt hat, andererseits war er aber auch Mitglied der „freien Union“, aus der er jedoch austrat und sich anschließend den Grünen anschloss.

Diese Erklärung reicht mir jedoch nicht wirklich aus, denn sie erklärt nicht einmal annähernd, warum er so cool wie Obama oder der „heute-show“ einen Beitrag wert sein sollte. Also suche ich weiter und stoße auf die offizielle Seite Werner Winklers. Darauf beschreibt er als Auslöser für sein politisches Engagement den „Schwarzen Donnerstag“, den Tag an dem Polizisten mit Wasserwerfern und Pfefferspray gegen S21-Gegner, vor allem Schüler, vorgingen. Mit seinem Beitritt bei den Grünen wollte er dagegen demonstrieren. Und dann machte Claudia Roth, die Vorsitzende der Grünen, eine folgenschwere Verkündung: sie bewarb sich für das Amt des Spitzenkandidaten. Gleichzeitig machte sie bekannt, dass, sollte es mehr als zwei Kandidaten geben, eine Urwahl unter den Parteimitgliedern stattfinden sollte. Da Jürgen Trittin aber bereits für das Amt kandidierte, fehlte nur noch ein Kandidat bis zur Urwahl. Dieser Kandidat wollte Werner Winkler werden. Daher bewarb er sich ebenfalls für das Amt des Spitzenkandidaten und wurde damit einer der berühmtesten Grünen Deutschlands. Zuerst war die Spitze der Partei geschockt: sie hatte nicht ernsthaft damit gerechnet, dass sich noch ein Kandidat finden würde. Doch nach einigen Monaten eher verhaltener Reaktionen verkündete die Parteispitze, dass sie die Urwahl dem Länderrat zur Abstimmung vorlegen würde. Dieser stimmte mit überwältigender Mehrheit von 60 Stimmen dafür, 1 Stimme dagegen und 1 Enthaltung. Damit ist Bündnis90/die Grünen die erste Partei, die im Bundestag vertreten ist, die ihren Spitzenkandidaten per Urwahl wählt. Und damit scheint sie Erfolg zu haben: bis zum Ende der Frist sind 12 Mitglieder Winklers Beispiel gefolgt, sodass die Partei jetzt sage und schreibe 15 Bewerber für das Spitzenkandidatenamt hat (darunter keine Frau von der Basis!). Die Wahl findet vom 8. -30. Oktober in Form einer Briefwahl statt. Das Ergebnis wird nach der Auszählung vom 4.-9. November feststehen.

Jetzt interessiert mich eigentlich nur noch eins: was hat die „heute-show“, Sendung eines staatlichen, also zur Neutralität verpflichteten Senders, damit zu tun? Obwohl die Antwort eigentlich klar ist, forsche ich weiter. Nachdem ich mir (natürlich nur im Dienste des Farbfleck) unzählige Episoden der „heute-show“ angesehen habe, weiß ich nicht nur, dass es einen „Werner Winkler-Song“ gibt, sondern auch, dass er „legendär-revolutionär-winklär“ ist. „Wenn Werner Winkler die Blumen gießt, hält die Welt den Atem an“. Kurz gesagt: Werner Winkler ist der neue Running Gag der „heute-show“.

Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass seine Hoffnung wahr wird und die Mitglieder der Grünen ihre Chance nutzen und nicht wieder einer der „G3“ (Künast, Trittin, Roth) Spitzenkandidat wird.

 

Bildquelle: flickr von “grueneberlin”

Nutzungsbedingungen: http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/deed.en

 

Dieser QR-Code enthält den Link zum Online-Artikel
Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 26. October 2012
Kategorie: Die Welt da draußen

Der Artikel ist urheberrechtlich geschützt und darf nur zu privaten Zwecken weiterverwertet werden. Jede andere Verwendung bedarf der schriftlichen Genehmigung des Autors. Für Leserbriefe nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion unterhalb des Online-Artikels.

Keine Kommentare bisher zu “Legendär-revolutionär-winklär”

Lass einen Kommentar da