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Kurzprosa: Ein Junge wird gestört

Foto: Lea Frauenknecht

von Robin Sluk

Dass unsere diesjährige Redaktion nicht nur über Politik und das aktuelle Weltgeschehen schreiben, sondern auch einfach mal kreativ sein wird, beweist dieser erste Text, der wohl unter den Begriff “Kurzprosa” fällt – oder auch einfach nur: “ein Stück qualitativ hochwertige Literatur”. Aber lest selbst…

Nun ja, wie soll ich sagen, es war ein normaler Sonntagnachmittag im späten Sommer.

Foto: Redaktion

Im traurigen Bewusstsein, bald die Wärme, bald dieses ruhige Glücksgefühl eines angenehmen Sommertages im leichten Wind vermissen zu müssen, wollte ich diese Tage noch verleben, um mich an den kalten Wintertagen, die ich fast ebenso wegen ihrer atemberaubenden Klarheit liebte, mich ihrer zu erinnern und der Hitze des Kamins die im Winter so seltene Wärme des zufriedenen Glücks hinzuzufügen.

Und nun gerade zu dieser Zeit befand ich mich im Park, in Ruhe und Einklang mit den sanft rauschenden Blättern, lauschte meinen Gedankenspielen und verdrängte geflissentlich die Schulaufgaben für den nächsten Tag aus meinem Geiste.

Die Hände in die Seiten gestemmt, legte ich meinen Kopf in den Nacken, um mich am zarten und so klaren Blau des Himmels zu erfreuen, doch bemerkte ich zu meiner Überraschung eine einzige, kleine Wolke von tiefster Schwärze über mir schweben. Ein derartiges Schwarz hatte ich nie gesehen, von einer solchen Intensität, das sich mein Selbst darin zu verlieren schien, fortgezogen in eine fremde Welt.

Ja, wie ein Tor in eine andere Dimension, so erschien mir diese trotz allem nur hauchzarte Wolke.

Und plötzlich zerrissen all diese Träumereien und ich sah ihn mit irrsinniger Gewalt aus dem Zentrum des Gebildes hervorbrechen, einen gewaltigen Meteor und er stürzte mit rasender Geschwindigkeit auf meinen Standpunkt zu. Unabwendbar musste ich zerschmettert werden, Panik zerriss mein Innerstes, so sah ich jetzt wieder nur den blauen Himmel, nichts war geschehen, nur meine Phantasie hatte mir einen bösen Streich gespielt, mir schwindelte in Erleichterung und…..

da war wieder der rasend schnelle Feuerball, mein sicherer Tod.

Strahlend blauer Himmel.

Der Komet färbte rot den ganzen Kontinent.

Sanft wehte mir der Wind ins Gesicht, die Hitze verbrannte mein Antlitz, ein kurzes Aufblitzen der Realität, dann ging die ganze Welt in Flammen auf und nichts blieb außer einem ewigen Feuersturm auf der grünen Allee unter Jahrhunderte alten Bäumen. Die alten Götter stiegen empor, verwüsteten die Welt, nahmen alles Leben, alle Ordnung, die Bäume schrien vom Untergang, ich erblickte die reale Welt der Träumer.

Und darum, meine Herren von der Polizei, muss ich Ihnen mitteilen, dass ich nun den letzten Schritt gehen werde und wir uns dann am Boden treffen.

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Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 08. October 2012
Kategorie: Farbflecken

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