derfarbfleck

Ausgestrahlt und Abgedruckt

Urlaub fürs Gehirn

Bild: Pressebild K.I.Z.

Bild: Pressebild K.I.Z.

Endlich:
Der Veröffentlichungstermin liegt zwar schon einpaar Monate zurück, aber nichts desto weniger gehört es sich einfach eine Rezension über dieses Album zu publizieren. Besser spät als nie!
Hier ist sie…

Kaum ein deutsches Hip-Hop-Album wurde wohl so sehnsüchtig erwartet wie das neue Werk der Berliner Formation K.I.Z. Und als bekennender Fan seit Hahnenkampf muss ich sagen: Zurecht. Die Jungs haben sich in jeder Hinsicht wieder selbst übertroffen. Sie haben es irgendwie geschafft, im Mainstream anzukommen, jedoch ohne wie das so oft der Fall ist sich selbst zu verändern, man hat eher das Gefühl der Mainstream hat sich verändert. Die Texte sind gnadenlos wie eh und je und musikalisch haben sie sich sogar noch verbessert. Man findet schwermütige Beats mit Dubstepeinflüssen neben schnellen Rhythmen, bei denen man am liebsten aufspringen und bis zum Umfallen ausrasten würde. Mit der neuen Platte wurden definitiv wieder eine Menge neuer Hits mit Kultstatus produziert und ganz nebenbei wieder Massen an Tabus gebrochen.
Hymnen für Kiffer, asoziale Alkoholiker und unsoziale Abteilungsleiter, die doch auch nur geliebt werden wollen. Das ist kreative Musik, wie man sie gerne hört. Allein die Texte haben einen unglaublichen Unterhaltungswert, der einen beim Hören mal nur schmunzeln, mal in hemmungsloses Gelächter ausbrechen lässt. K.I.Z hat einfach diesen ironischen Humor, der ihnen völlige Narrenfreiheit verleiht. Dadurch wird trotz bitterböser Texte nichts indiziert. Sie klauen immer noch Beats, treten den Anstand mit Füßen und bei Rockfestivals auf, aber sie sind K.I.Z, sie dürfen das.

“Wir waren die ersten, Clownrap auf deutsch, denn du musst auch albern sein, wenn der Beat nicht mehr läuft” rappt Maxim und diesem Prinzip sind sie bis jetzt immer treu geblieben. Erst bei einem einzigen Interview waren sie einen kurzen Moment ernst und zwar als es um ihren ironischen WM-Hit Biergarten Eden ging, um nach Nationalismusverdächtigungen klar zu stellen, dass der Text natürlich wie immer ironisch gemeint war. Und gerade in dieser Ironie findet sich auch immer viel Gesellschaftskritik, wenn man genau hinhört. Ãœbrigens, wem das eine neue Album nicht genug ist, der findet auf Youtube unter denselben Titelnamen ein komplettes zweites Promoalbum mit noch mehr Features, billigeren Beats und noch viel mehr K.I.Z-Humor.

Ich könnte mein Loblied über die Kannibalen in Zivil, Klosterschüler im Zölibat, Karotte Ingwer Zwiebeln – oder wie man sie auch sonst immer nennen will noch stundenlang fortsetzen, doch ich schließe jetzt mit einem dringenden Hinweis: Wer tatsächlich immer noch nichts von K.I.Z gehört hat oder nichts hören will und ein wenig Humor und Toleranz aufweisen kann, der sollte spätestens jetzt seine Einstellung überdenken und reinhören. Denn K.I.Z ist wie Rauchen, nicht wirklich schön, nicht gesellschaftlich akzeptiert, aber einfach cool und es ist nie zu spät dafür, damit anzufangen und süchtig zu werden. Ich bin es definitiv.

Von Jakob Schiele

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Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 03. October 2011
Kategorie: Ausgestrahlt und Abgedruckt

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2 Kommentare zu “Urlaub fürs Gehirn”

  1. Ich kann mich der Laudatio nur anschließen. “Urlaub fürs Gehirn” (vor allem der gleichnamige Song) ist Programm. Musik um abzuschalten – um aus dem Alltag mal für ein paar Minuten (oder länger) auszubrechen. Und dann die Texte – es gibt keinen besseren Humor als die Ironie! (und das ist natürlich nicht ironisch gemeint;))

    Geposted von blueyo | October 3, 2011, 14:20 | Antworten
  2. “Denn K.I.Z ist wie Rauchen, nicht wirklich schön, nicht gesellschaftlich akzeptiert, aber einfach cool” – Was für ein provozierender Schluss! ;) Jakob, das meinst du sicher genauso ironisch wie K.I.Z ihre alles verachtenden Texte. Selbst inoffiziell bekennende Raucher unserer Schule (ja, der) haben zugegeben, dass Rauchen einfach nur dumm ist. Ãœberleg mal, wie du eigentlich “cool” definierst – als “sinnlose Angewohnheit, die dämlich aussieht, abhängig und oft krank macht, teuer ist, dich stinken lässt, gelbe Zähne und ekeligen Husten verursacht und wegen der du in Sport immer hinterherlaufen musst”? Also, ich sehe nichts Cooles im Rauchen. Beim besten Willen nicht. Und diese Lobby zu unterstützen, sei es durch aktives Rauchen oder solche Vergleiche in einer Schülerzeitung, die zu einem großen Teil von Minderjährigen gelesen wird, die noch im Wachstum sind, finde ich verantwortungslos.
    Mit der Ironie ist das so eine Sache. K.I.Z klingen laut aufgedreht echt gut, aber auch die geilsten Rhymes verlieren an Reiz, wenn ihr Inhalt dermaßen krank ist, dass man innerlich geradezu FLEHT, das möge nicht ernst gemeint sein. Bestimmte Aussagen rettet auch der Zusatz “ist doch ironisch gemeint” nicht mehr. Und die Frage, worauf die Herren in manchen Fällen mit ihrer angeblichen Ironie zielen, stellt sich außerdem.
    Dein Text ist, unabhängig von meiner Einstellung zu K.I.Z und zum Rauchen, sehr gelungen, um die Platte zu bewerben; man hat Spaß beim Lesen.

    Geposted von Banshee | October 3, 2011, 15:05 | Antworten

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