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Die Welt da draußen

Mach’s Ländle ned hee -Wähl NPD, oder?

Bild: tetedelacourse @ flickr.com

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Ãœberall hängen sie – inflationär, unübersehbar – je näher man an den 27. März rückt, umso größer wird ihre Zahl: Wahlplakate. Rot, Gelb, Grün, Schwarz, Violett, Orange, und Braun… nein, doch nicht ganz. Die Plakate von ganz rechts außen sind auch rot, jedoch inhaltlich tief braun: Mach’s Ländle ned hee – Wähl NPD.

Zwar kenne ich diesen Wahlslogan schon eine Weile, doch da es bei uns hier in Gmünd bisher auf vier Parteien beschränkt war – was die hauptsächliche Stimmverteilung betraf – blieb ich eigentlich davon verschont. Nun war ich einmal weiter im Nordwesten und da hing es – provokant und für jeden ersichtlich. Eine blonde, blauäugige Frau und daneben der Wahlslogan.

Es kam hinzu, dass das Plakat an einer Kreuzung hing. Man kann von Glück reden, dass kein Vorfahrt-Schild oder gar ein Rechts vor Links – Schild angebracht war, denn ein Stopp-Schild oder ein Vorfahrt achten-Schild ist hier sicher angebrachter.

Doch was soll die Aussage der NPD? Hat dieses Plakat überhaupt eine zu beachtenden Fakteninhalt oder ist es wieder einmal nur billiger Populismus?

Wenn man bedenkt, dass Migranten in allen gesellschaftlichen Schichten und Positionen vertreten sind – von der Politik, wo in allen Parteien Menschen mit Migrantionshintergrund, allen voran Aygül Özkan und Cem Özdemir, über die Wirtschaft, Kultur und Religion bis hin zum Sport und der Wissenschaft. Man kann sicherlich nicht behaupten, dass die Ausländer „’s Ländle hee“ machen. Sind es nicht sogar häufig Menschen aus anderen Ländern und Kulturkreisen, die uns bereichern was Vielfalt und Kultur angeht? Ist es nicht so, dass man gerne zum Italiener an der Ecke geht, um eine Pizza oder Pasta zu essen? Wer sagt denn generell nein zu Gyros, Döner, Oliven und Traubensaft? Wer ärgert sich über die Abwechslung durch Reis, Kiwi und Bananen? Was würde in den Kinosälen und auf den Fernsehbildschirmen laufen, wenn Bollywood, Hollywood und die süd-, ost- und westeuropäische Filmindustrie? – Wenn man die Sache aus diesem Blickwinkel betrachtet, dann scheint es doch jedem plausibel zu sein, dass die Ausländer nicht durchweg schlecht sein können und es ist unverständlich, dass Parteien wie die NPD, DVU oder die Republikaner überhaupt noch bestehen.

Nun gibt es auch andere Blickwinkel die man in Bezug nehmen muss und diese werde sehr gerne von den populistisch-nationalistischen Parteien des rechtsextremen Flügels verwendet: Ausländerslums, Moscheeninflation, Sprachverweigerung… Aber seien wir doch ehrlich, wie viel Wahrheit ist an diesen Aussagen?

Ist es nicht so, dass auch arbeitslose Deutsche große gesellschaftliche Probleme haben können, dass viele in Armenviertel umziehen – allein der niedrigen Preis wegen. Doch wo besteht dann der Unterschied zwischen Deutschen und Ausländern? Weiter stellt sich auch die Frage, ob es nicht angebracht ist, dass eine Bevölkerungsschicht, die gut 5-10% der Gesamtbevölkerung ausmacht auch ihre kulturellen und religiösen Zentren bekommt? Es sollte natürlich auch möglich sein, dass Kirchen in den arabischen Staaten gebaut werden können – die Religionsfreiheit sollte überall geachtet werden. Was die sprachlichen Barrieren angeht, gibt es oft noch Probleme, doch wenn man bedenkt, dass auch der Anteil der muttersprachlichen Bevölkerung hier nicht zu großen Teilen behaupten kann in Wort und Schrift die deutsche Sprache sauber – von perfekt wollen wir nicht reden – beherrscht, kann man von diesen Defiziten auch absehen. Deutsch ist keine leicht zu lernende Sprache.

Man sollte sich also am Gleichheitsgrundsatz orientieren, denn „Alle Menschen sind gleich“ (Art. 3 GG) und Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse […] benachteiligt […] werden. (Art. 3.3 GG)

Es ist also sehr grenzwertig – v.a. aus moralischer Sicht – ein solches Plakat als Werbung zu benützen. Es wird zwar der Hee- Macher nicht genannt, dennoch ist wohl klar, wer gemeint sein dürfte. Es ist daher, nach unseren christlich-aufgeklärten Moralvorstellung, nicht legitim und moralisch solche Propaganda zu betreiben, auch wenn es de jure in Ordnung sein mag.

Ich halte daher nichts von der NPD als Wahlalternative! Eine solche Partei ist keine Partei, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und unser funktionierendes System braucht. Eine Partei, die so extrem gegen Grundrechte verstößt, sollte kein Recht auf weiteres Bestehen haben und schon gar nicht darf der Anspruch auf politische Mitsprache, durch Landtagsmandate, bzw. sogar Regierungsverantwortung geltend gemacht werden.

Es sollte zwar jedem offen stehen, seine eigene Meinung zu äußern, aber es sollte sich dennoch in einem geordneten Rahmen abspielen und solche Plakate sprengen diesen Rahmen.

Von Sebastian Feifel

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Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 20. March 2011
Kategorie: Die Welt da draußen

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5 Kommentare zu “Mach’s Ländle ned hee -Wähl NPD, oder?”

  1. Es ist völlig egal, ob man im arabischen Raum Kirchen bauen darf oder nicht. Es ist (zumindest im Kontext der Toleranz gegenüber Muslimen) egal, ob dort Religionsfreiheit herrscht, denn bei uns gilt sie so oder so. Wir entziehen ja Chinesen hier auch nicht die Meinungsfreiheit, nur weil das in ihrem Heimatland auch so gemacht wird. Wollte ich nur mal angemerkt haben. Im Übrigen gilt nach wie vor: Nur Dreck ist braun. Und die NPD mit Sicherheit unwählbar.

    Geposted von Bootleg Bill | March 20, 2011, 15:45 | Antworten
    • “Bootleg Bill” :), du sprichst mir aus der Seele.
      “Es sollte zwar jedem offen stehen, seine eigene Meinung zu äußern, aber es sollte sich dennoch in einem geordneten Rahmen abspielen und solche Plakate sprengen diesen Rahmen.” – Das sehe ich anders. Meinungsfreiheit ist ein Prinzip. Es gilt grundsätzlich. Ohne Einschränkung. Vgl. die Stellungnahme von Noam Chomsky, der (Jude ist und) sich für die Redefreiheit von Nazis ausspricht, Zitat: „[…] it has been a truism for years, indeed centuries, that it is precisely in the case of horrendous ideas that the right of free expression must be most vigorously defended; it is easy enough to defend free expression for those who require no such defense.“ (Vollständiger Text: http://www.chomsky.info/articles/19810228.htm) Tatsache ist m. E., dass die Menschen ihr Wahlrecht mit Füßen treten, wenn sie sich nicht ausreichend mit ihrer Umwelt auseinandersetzen und ihre Möglichkeiten, sich zu informieren, der Bequemlichkeit halber auf Wahlplakate (!) beschränken. Immerhin steht es uns ebenfalls frei, unsere Meinung zu äußern – was du ja getan hast, Sebastian. Ich finde das sehr wichtig.

      Geposted von Katharina Matanovic | March 21, 2011, 10:14 | Antworten
  2. Die NPD hat übrigens bei der Wahl in Sachsen (Stand: Hochrechnung 20:11) 4,8% erreicht. Letztes Mal waren es 0,0%. Vielleicht ist das ja ein Zeichen, dass die Wähler verwirrt sind und nicht mehr genau wissen, wen sie wählen sollen, weil im Moment alle ihre Meinungen ändern.

    Geposted von kevinfarbfleck | March 20, 2011, 21:41 | Antworten
  3. Inwiefern eine tolerantes System intolerante Gruppierungen und Forderungen tolerieren muss, die den Bestand dieses Systems gefährden, ist eine schwierige Frage.

    Fakt ist aber, dass eine funktionierende Demokratie auch extreme Parteien braucht, sofern diese nicht explizit Forderungen erheben, die fundamentale Grundsätze unserer Gesellschaftsordnung verletzen. Solche Parteien führen zur Integration von Demokratie-feindliche Kreisen, die sich sonst vom politischen Geschehen abkoppeln oder schlimmstenfalls eine gewaltsame Umgestaltung der Verhältnisse anstreben würden, in den Parlamentarismus und tragen so zu ihrer Mäßigung und Zähmung bei.
    Deswegen täte man unserer Demokratie mit einem Verbot von rechtsextremen Parteien wie der NPD und natürlich auch von extremen Parteien am gegenüberliegenden Rand des politischen Spektrums m.E. keinen Gefallen – auch wenn solche Parteien natürlich für einen gebildeten und aufgeklärten Staatsbürger keine Wahlalternative sind.

    Geposted von Cato | March 28, 2011, 17:07 | Antworten
  4. Ich sehe beide Seiten kritisch; denn sowohl die zu große Toleranz solcher Gruppen ist gefährlich, als auch eine Unterdrückung. Keiner möchte Gruppierungen, wie die Al-Qaida, Hamas oder die Taliban im eigenen Land haben und ich habe auch etwas gegen NPD, DVP, MLPD oder ähnliche in einem deutschen Bundes- oder Landestag/rat.
    Andererseits ist natürlich auch die Frage, ob man dann nicht auch gegen FDP, Grüne, CDU, Linke und SPD vorgehen müsste, denn auch diese vertreten teilweise sehr fragwürdige Positionen.

    Geposted von Nathan | May 31, 2011, 21:50 | Antworten

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