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Wir hier drinnen

Elite und Aufzüge

Bild: bogenfreund @flickr.com

Zugegeben, der Gedanke ist schräg. Aber sie werden sehen: Zum Schluss stimmen Sie mir garantiert zu: Aufzüge haben immer etwas mit Elite zu tun. Und Elite hat immer etwas mit Aufzügen zu tun!Nunja, Eliten gibt es schon länger als Aufzüge, das ist nunmal technisch bedingt so. Doch daraus zu folgern, dass Eliten auch heute noch ohne Aufzüge auskommen, wäre doch etwas kurz gedacht. Oder kommen Sie etwa noch ohne Ihr Auto aus? Zugegeben, ein schräger Vergleich. Doch genau das ist es ja: Das Auto ist mittlerweile etwas für den Pöbel. Die Breite Masse an der Basis. Nicht jedoch der Aufzug: Er ist immernoch gewissen Eliten vorbehalten. Eliten, die hoch hinaus wollen, und zwar ohne dabei die Passform ihres Anzugs aufs Spiel zu setzen. Und ich spreche nicht nur von gewissen Aufzugseliten. In nahezu jedem Genre der Elite sind Aufzüge von immenser Bedeutung. Um klassisch zu bleiben, führe ich als erstes Beispiel Josef Ackermann auf: Deutschlands Spitzenverdiener, unsere Finanzelite in Person, läuft nicht etwa die Treppen zu seinem Büro in den luftigen Höhen deutschen Finanzwesens. Nein, er benutzt seinen Privataufzug. Doch nicht nur dieser Einzelfall trifft es ins Schwarze. Wer weiß nicht, welch elitären Charakter Kabarettist Urban Priol seinem Aufzug stets zuspricht? Aber wir müssen uns garnicht auf solch exponiertem Niveau umsehen. Es muss ja nicht sofort die obere Finanz- oder Kulturelite sein. Auch ganz im Kleinen betrachtet knüpft sich an jeden vorhandenen Aufzug automatisch etwas Elitäres. Nahezu ausgeschlossen ist es schließlich, dass ein Aufzug einfach so für jeden Dahergelaufenen offensteht. Meist empfängt uns gleich eine ganze Reihe von Ausschlüssen. Neben dem logisch greifbaren “Aufzug im Brandfall nicht benutzen” erwartet uns meist noch mindestens ein weiteres Schild. “Aufzug nur für Personal”, “Aufzug nur für unsere Gäste”, oder gleich ein heuchlerisches “Außer Betrieb”-Schild. All diese Warnhinweise dienen den wahren Eliten lediglich dazu, uns hinters Licht zu führen und uns die Treppen hochzuquälen, während die Schlüsselinhaber uns aus der fahrenden Glaskabine von weit oben belächeln. Und somit wird jeder Aufzugbenutzer gleich zur Machtelite. Er benutzt den Aufzug, weil er Elite ist, oder er ist Elite, weil er den Aufzug benutzt. Das bedingt einander. Sie glauben mir immer noch nicht? Gut, nehmen wir als Beispiel unsere Schule. Auf dem kleinen Universitätspark finden sich insgesamt vier Aufzüge. Einer davon versperrt sich gleich allen außer den Generalschlüssel-Machteliten. Doch die anderen üben eine ganz gemeine, heimtückische Macht aus: Ohne durch Schilder zu warnen, muss jeder, der sie benutzt, fürchten, in unangenehmen Kontakt mit den wahren Machteliten des LGH in Berührung zu kommen: Sei es die Hofaufsicht, ein Lehrer mit Fernseher-Wagen oder gar Herr Sachsenmaier. Der resultierende Konflikt endet meist sehr zuungunsten des armen, bewegungsmüden Schülers. Die Machtelite hält den Aufzug unter Beschlag.

Nach dieser langen Schilderung habe ich nun hoffentlich auch noch die letzten Kritiker meiner Theorie umgestimmt. Aufzüge sind stets einer Elite vorbehalten, sei es, weil sie die Macht hat, weil sie Personal ist, oder weil sie einfach am längeren Hebel sitzt.
Doch möchte ich diesen Artikel nicht so pessimistisch ausklingen lassen. Vielmehr möchte ich noch meine eigentliche Petition vorbringen.
Sind wir nicht eine “Verantwortungselite”? Schließlich haben wir alle unser Leitbild unterschrieben. Und das macht uns nunmal zu einer solchen. Und Elite ist immer untrennbar mit Aufzügen verbunden, wie ja bereits bewiesen wäre. Ist somit nicht in unserem Leitbild das Recht eines jeden LGH-lers verbrieft, zu jeder Zeit einen Aufzug seiner Wahl zu benutzen?
Sollte es also nochmal zu einem Kampf zwischen Machtelite und Verantwortungselite an einer Aufzugtür kommen, so bringt meine Argumente vor, und man wird euch nichts mehr zu entgegnen wissen!

Kai Behrendt

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Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 12. January 2011
Kategorie: Wir hier drinnen

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3 Kommentare zu “Elite und Aufzüge”

  1. er hat das v-wort gesagt.

    Geposted von Oscar | January 12, 2011, 21:15 | Antworten
  2. Aus der usurpierten Generalschlüsselgewalt wird nichts! Denn das Leitbild hast Du zwar unterschrieben, Dich damit aber nur dem Anspruch gestellt, “einen Beitrag [!] zur Heranbildung [!] einer Verantwortungselite” zu leisten. Das heißt doch, dass die Verantwortungselite noch im Werden ist! Ergo: Wenn Du Abitur hast, kannst Du von mir aus den Aufzug nehmen, hochfahren und Dich “von der breiten Masse an der Basis” erheben.

    Geposted von Andreas Ehmer | January 13, 2011, 00:22 | Antworten
  3. Heute noch erfolgreich den Aufzug in der Mensa benutzt, kurz darauf ist er ausgefallen. Hatte mich schon gewundert, warum der _so_ lange brauchte. Unser Lieblingsaufzugsservice kümmert sich gerade drum.

    Und von den vier Aufzügen kann ich selbst mit einem teilweisen Zugang zu einem versperrten anmerken, dass dieser häufiger defekt als ganz ist. (Außenaufzug Haus 11), der in Haus 11 macht auch nette Geräusche.

    Geposted von funeral | January 13, 2011, 16:48 | Antworten

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