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Kolumnen

Wir wissen auch was eine Playstation ist!

Der farbfleck fragt mal wieder nach!
Diesmal stellten wir der Zeit-Campus Journalistin Johanna Schoener unsere spitzfindigen Fragen bezüglich ihrer Wahnnehmung von Hochbegabten.
Außerdem wollten wir noch wissen, wie ihrer Meinung nach (Schüler-)Zeitungen in Zukunft aussehen werden.

 

Derfarbfleck: Die Zeit, für die Sie als freie Journalistin  unter anderem auch arbeiten, gilt durchaus als sehr renommierte Zeitung, mit einem schon fast magazinähnlichen Charakter, da sie ja nur einmal in der Woche erscheint. Wir würden gerne wissen, was genau ihr Spezialgebiet ist, bzw. über was sie gerne schreiben.

Schoener: Wenn ich ein Spezialgebiet für mich benennen müsste, dann wäre es wohl das Thema Bildung, mit dem ich mich auch bei DER ZEIT beschäftige. Hauptsächlich arbeite ich jedoch für das Magazin ZEIT CAMPUS.

Derfarbfleck: ZEIT CAMPUS beschäftigt sich eher mit Studenten. Was genau bringt Sie also nun zu uns ans LGH?

Schoener: DIE ZEIT will einen Schulführer veröffentlichen, der es den Eltern erleichtern soll, die passende Schule für ihre Kinder zu finden. Aus diesem Grund sind meine Kollegen und ich zurzeit sehr viel an Schulen quer durch Deutschland unterwegs. In diesem Schulführer beschäftigt sich ein Kapitel auch mit Hochbegabung, und so habe ich den Auftrag erhalten mich mit diesem Thema genauer auseinanderzusetzen. Durch Recherchen bin ich dann aufs LGH gestoßen.

Derfarbfleck: Und was sind Ihre ersten Eindrücke gewesen, als Sie das Schulgelände betreten haben oder den Unterricht mitverfolgten?

Schoener: Gelände ist ein gutes Stichwort, denn ich war zuerst total beeindruckt, wie groß das hier ist.  Die Gebäude sind wirklich schön, vor allem die neue Sporthalle. Aber jetzt mehr zum Inhaltlichen: Als ich hier her kam, hatte ich natürlich einige Klischees gegenüber Hochbegabten im Kopf, wie es wahrscheinlich sehr viele Leute haben, z.B., dass hier hauptsächlich „Nerds“ im Unterricht sitzen. Da bin ich jedoch positiv überrascht worden, da das überhaupt nicht der Fall war. Mir hat gefallen, dass die Schüler im Unterricht soviel diskutiert haben –  und es wird genauso geschwätzt wie an anderen Schulen auch.

Derfarbfleck: Genau, man vergisst in der Diskussion um „hochbegabte Freaks “ meistens einfach zu sehen, dass auch Hochbegabte normale Jugendliche sind und dieselben alltäglichen Probleme haben, wie auch andere in dem Alter…

Schoener: … und genau hierzu fällt mir ein Zitat von einer Schülerin der 9. Klasse an der Schule ein. Die hat nämlich gemeint „Wir wissen auch, was eine Playstation ist!“. Man merkt außerdem, dass das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern etwas ganz Besonderes ist, da die Lehrer auch in den WGs und auf dem Campus „privat“ mit den Schülern zu tun haben und sie sich dort von einer anderen Seite her kennenlernen können.

Derfarbfleck: Seit der Gründung dieser Schule bis zum heutigen Tag, gab und gibt es immer wieder mal Beschwerden, das LGH sei eine „blackbox“ und von außen nicht einsichtig genug. Sehen Sie das denn genauso?

Schoener: Natürlich ist es schwer, so etwas nach nur einem Tag, den ich jetzt hier verbringen durfte, zu beurteilen. Mein erster Eindruck ist aber, dass sehr viel versucht und getan wird um eine solche Isolation zu vermeiden.

Derfarbfleck: Ein weiterer strittiger Punkt ist die Chancengleichheit. Sehen Sie es als unfair an, dass Jugendlichen an Schulen wie dieser eine individuellere und spezifischere Förderung erhalten, als man dies von einer normalen Schule gewohnt ist?

Schoener: Ich denke nicht, dass es unfair ist, dass man hier eine besondere Förderung erhält. Dennoch finde ich, dass man generell das Augenmerk stärker auf eine individuellere Förderung legen sollte.

Derfarbfleck: Nun aber genug von der Schule, kommen wir doch eher auf ihre Persönlichkeit bzw. ihren Beruf  zu sprechen. Welchen Bildungsweg oder Studiengang sollte man z.B. wählen, wenn man denkt, der Journalismus wäre seine Bestimmung?

Schoener: Bei mir war es so, dass ich mich ganz einfach für die Studienfächer entschieden habe, die mich am meisten interessiert haben, nämlich Germanistik, Philosophie und Ethnologie. So wirklich wusste ich zur damaligen Zeit noch nicht, was ich nach dem Studium machen wollte, aber der Journalismus war immer schon im Hinterkopf.

Als sich diese Idee immer stärker festsetzte, begann ich einfach ganz klassisch mit Praktika bei kleineren Zeitungen bei mir vor Ort. Nach meinem Studium, habe ich mich dann bei einer Journalistenschule beworben, die mich glücklicherweise auch aufnahm.

Prinzipiell kann man ja auch als Quereinsteiger in den Journalismus kommen (d.h. einen Studiengang wählen, der zuerst nicht direkt etwas mit Journalismus zu hat und dann zu einer Zeitung gehen, Anm. d. Red.).

Im Bezug auf das Studienfach gibt es keinen Königsweg in den Journalismus. Unter meinen Kollegen gibt es nicht so viele, die wirklich Journalismus oder Kommunikationswissenschaften studiert haben. Wirklich „beliebt“ sind bei den Zeitungen oft Studiengänge, die man nicht sofort mit dem Beruf eines Journalisten verbindet, wie z.B. Biologie oder Medizin. Leute, die solche Fächer studiert haben, kennen sich in einem bestimmten Fach sehr gut aus und werden beispielsweise für Wissensthemen gebraucht.

Derfarbfleck: Wie würden sie dem zufolge Ihren Alltag als freie Journalistin beschreiben?

Schoener: Wie man mit dem Wörtchen „frei“ schon assoziiert, muss man sich selbst organisieren. Das klappt mal besser mal schlechter. Bei mir ist es jetzt noch ein kleiner Sonderfall, dass ich wochenweise fest in der Redaktion von ZEIT CAMPUS arbeite, weshalb ich nicht „ganz frei“ bin. Doch auch wenn ich nicht dort bin, versuche ich mir einen möglichst geregelten Tagesablauf zu gestalten. Das heißt, ich stehe meistens zu selben Zeit auf, arbeite meine Sachen durch, und versuche eine bestimme Stundenzahl am Tag zu arbeiten. Oft schiebt man tagsüber dann aber doch mal was auf und sitzt dann abends am Schreibtisch.

Derfarbfleck: Ist es nicht ein ziemlicher Druck als freie Journalistin, immer neue Themen anbieten zu können, oder greifen Ihnen die Zeitungen hierbei unter die Arme und bieten Ihnen hin und wieder ein Thema an, über das Sie dann schreiben können?

Schoener: Natürlich kommen die Zeitungen ab und an auf einen zu. Vor allem, wenn sie einen kennen, weil man zum Beispiel mal ein Praktikum bei ihnen absolviert hat. Meistens muss man aber selbst die Initiative ergreifen Themen vorschlagen.

Derfarbfleck: Schließlich noch die Frage schlechthin im Bezug auf Journalismus heute. Hat die Printzeitung überhaupt noch eine Zukunft oder führt kein Weg mehr an der Onlineausgabe vorbei?

Schoener: Diese Frage wird auch unter Journalisten tagtäglich diskutiert. Ich persönlich glaube, dass es das Printmedium immer geben wird. Aber die Tendenz wird dahin gehen, dass besonders Tageszeitungen immer mehr Hintergrund bieten werden und vielleicht auch auf einen anderen Erscheinungsrhythmus werden umstellen müssen. Aber ich meine es wird immer Zeitungen geben, weil einfach dieses haptische Gefühl, eine Zeitung in der Hand zu halten und zu lesen etwas anderes ist, als wenn man die Texte von einem Monitor, etc. ablesen soll.

Das macht mich aber nicht zum Gegner von Onlinejournalismus – im Gegenteil. Ich sehe sehr viele Möglichkeiten im Onlinejournalismus, vor allem im multimedialen Bereich. Doch das Problem dabei ist, dass die meisten Zeitungen  das noch nicht professionell genug machen, einfach auch weil kein Geld und keine Kapazitäten dafür vorhanden sind.

Derfarbfleck: Mit diesem zuversichtlichen Blick in die Zukunft der Printzeitung wollen wir uns bei Ihnen für dieses Interview bedanken.

 

Das Interview führten David Irion und Johannes Gansmeier

 

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Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 05. October 2010
Kategorie: Kolumnen

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