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Kolumnen

Lesen gefährdet die Dummheit

Von Johannes Gansmeier

»Die Welt ist ein schönes Buch, aber es nützt demjenigen wenig, der nicht darin zu lesen weiß.«

Carlo Goldoni

Lesen ist Bildung. Aber wer braucht Lesen im Zeitalter des Fernsehens? Braucht also auch keiner Bildung? Dieses Motto verbreitet sich leider im rasenden Tempo unter den Jugendlichen der heutigen Zeit. Dieser Trend ist nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt zu beobachten. Was wird das für die Zukunft der Menschheit bringen? Werden wir verblöden und uns wieder rückentwickeln? Keiner weiß es und kann diese Frage beantworten, wir müssen es wohl auf uns zukommen lassen. Außer wir ziehen jetzt im richtigen Moment die Reißleine.

Ein gutes Beispiel, dass es allerhöchste Zeit ist: Men´s Health, ein bekanntes Männermagazin, hatte 2007 eine Umfrage über das Thema AIDS gestartet. Dabei waren 30% der Befragten der Meinung, dass dies ein italienisches Nudelgericht wäre. Und das in Deutschland! Dem Exportweltmeister! Wie kann das sein!? Ist es vielleicht die Tatsache, dass viele Jugendliche Lesen als ”uncool” oder ”lahm” empfinden.

Wen das nicht überzeugt, der braucht nur nach Afrika zu blicken um zu sehen wie sich fehlende Bildung, einhergehend mit Analphabetismus auf den Alltag auswirkt. Also ist es nicht eine lokales Problem, sondern global.

Natürlich gibt es auch andere Wege sich zu bilden, aber jeder von diesen Wegen führt letzten Endes auf die Gabe des Lesens zurück. Schon seit Urzeiten ist das Lesen der Grundstein für Intelligenz, in manchen Phasen der Geschichte bedeutete Lesen sogar Reichtum oder Ähnliches.

So kann man eigentlich behaupten das Lesen ist der Grundstein für alles was der Mensch weiß, gewusst hat, oder wissen wird.

Schon seit ich das Licht der Erde erblickt habe, ist mir von meinen Eltern vorgelesen worden. Ob es nun Märchen oder Sagen gewesen sind, ich kann mich ohnehin nicht mehr an das Vorgelesene erinnern. Aber dennoch denke ich, dass es mir im späteren Leben geholfen hat, sei es beim Lesen selbst oder beim Erschließen von Sachverständen.

Denn im Grunde genommen hängt dies ja mit dem Lesen zusammen. Im Alter von vier Jahren bin ich schließlich selbst in die Materie eingeführt worden, indem ich Lesen und Schreiben gelernt habe. Behutsam und gut durchdacht hatten meine Mutter und mein Vater ein Buch für mich ausgesucht, von dem sie mit absoluter Sicherheit gewusst haben, dass es mir gefallen würde. ”Flo schieß ein Tor!” ist der Name des ersten Buches gewesen, das ich eigenständig gelesen habe. Für damalige Verhältnisse kaum an Spannung zu überbieten habe ich es in wenigen Tagen förmlich verschlungen, wohl auch weil ich schon damals ein großer Fußballfan gewesen bin und durch dieses Buch Fußball förmlich spüren und fühlen konnte, selbst wenn ich nicht selbst in Aktion gewesen bin.

Ich würde nicht sagen dass es eine Pflicht gewesen ist das Buch zu lesen, eher ein Versuch meiner Eltern mich an das Phänomen ”Lesen’’ heranzuführen. Daraufhin folgten zahlreiche Bücher von verschiedensten Autoren: von Lindgren bis zu Stroud.

Das beste Buch das ich gelesen habe ist wohl ”Der Tot ist mein Beruf’’, eine in Romanform Verfasste Autobiographie des ehemaligen Lagerkommandants von Auschwitz, Rudolph Höss.

Ob es tatsächlich das Beste gewesen ist kann ich nicht mit absoluter Sicherheit behaupten, jedoch hat sich dieses Buch am meisten in meinem Kopf verankert und mich beschäftigt.

Auch ”Der Vorleser’’ von Bernhard Schlink ist ein gutes Buch, sodass ich es an einem Tag gelesen habe.

In diesem Buch wird einem recht deutlich vor Augen geführt, welche Konsequenzen es haben könnte, wenn man nicht des Lesens mächtig ist. Scham, Angst, Hilflosigkeit sind nur wenige der mit sich bringenden schlechten Eigenschaften die man mit dem Analphabetismus verbindet.


»Auch den letzten Traum zerstört das Fernsehen: Es ist kein Vorteil mehr, ANALPHABET zu sein.

Hans-Joachim Kulenkampff

Ja in der Tat ist es kein Vorteil ein Analphabet zu sein, das war es wohl auch noch nie. Schon immer haben sich die Reichen die Kunst des Lesens vorbehalten und den Armen untersag

»Wer ohne Sünde sei werfe den ersten Stein.

Jesus

Doch im Grunde genommen sind wir nicht besser als die mittelalterlichen Fürsten, Könige und Kaiser. Nur im moderneren Sinne. Auch wir kümmern uns nicht viel um die armen Länder in Afrika. Eine Spende an Weihnachten über 10 Euro und man sagt sich das ganze Jahr über, „ich hab ja meinen Teil dazu beigetragen, ich unterstütze die Armen so gut ich kann.“ Da dieser Irrglaube flächendeckend verbreitet ist, wird es schwer werden etwas an der misslichen Lage der Entwicklungsländer zu ändern.

Auch die Herrschaft der Nationalsozialisten hat gezeigt, was passiert wenn man sich nicht der Weisheit von Büchern hingibt, oder wie in diesem Fall hingeben kann. Durch die Gleichschaltung aller Medien waren nur noch propagandistische Zeitungen, Bücher, etc. an die Öffentlichkeit

vorgedrungen. Dies hatte zur Folge, dass die Leute bereit gewesen sind alles zu glauben, was ihnen ”vorgesetzt” wurde. Nur so konnte das grausame Regime die Macht behalten und die Massen derart mobilisieren.

»Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen.«

Heinrich Heine

Auch die Vorhersage von Heinrich Heine sollte sich bewahrheiten. Über sechs Millionen Juden mussten wegen des Holocausts ihr Leben lassen. Und warum? Wie konnte das Volk derartige Gräueltaten zulassen? Einer der vielen Gründe mag wohl sein, dass es die antisemitische Propaganda der Nazis immer wieder gehört und gelesen hatten. Oder ist es vielleicht die Verdrängung des Einzelnen gewesen, was dies möglich gemacht hatte.

»Ein leidenschaftlicher Raucher, der immer von der Gefahr des Rauchens für die Gesundheit liest, hört in den meisten Fällen auf – zu lesen.«

Winston Churchill

Das ist auch eine beliebte Art der Menschen Probleme aus der Welt zu schaffen.

Man verdrängt sie eben einfach. Aus den Augen aus dem Sinn, so das Motto. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn nur weil das Problem nicht mehr erkenntlich ist oder ignoriert wird, existiert es trotzdem noch. Es ist so ziemlich dasselbe wie mit einer Kreditkarte. Man kann sich etwas nicht leisten, kauft es sich aber dann doch, da man ja mit Kreditkarte bezahlt. Die eigentliche Rechnung kommt erst viel später und man hat das Problem des Geldmangels bequem aus der Welt geschafft – angeblich. Wenn die Rechnung am Ende des Jahres oder des Monats dann zum Besitzer gelangt, ist das Unheil nur umso größer.

Oder die Bildungsrückstände einiger Hauptschüler. Behebt sich das Problem, dass Hauptschulen einen teilweise verpönten Ruf in der Republik haben dadurch, dass man sie in ”Gesamtschule” umbenennt? Wohl kaum. Aber es gibt dem Wähler ein gutes Gefühl, da das eigene Kind nicht mehr auf eine Hauptschule geht sondern auf eine Gesamtschule und die Regierung bekommt Lorbeeren zugeschoben.

»Lesen ist für den Geist das, was Gymnastik für den Körper ist.«

Joseph Addison

Ja so könnte man es auch formulieren. Lesen trainiert nämlich auch das Gehirn. Nicht umsonst stammen viele große Bücher der Geschichte von großen Persönlichkeiten. Um einige zu nennen ”Krieg und Frieden” von Leo Tolstoi, ”Außer Dienst” von Helmut Schmidt und schließlich ”Ich” von Oliver Kahn.

Warum Oliver Kahn fragen sie sich? Ganz einfach, Oliver Kahn ist für das oben angeführte Zitat von Joseph Addison ein gutes Beispiel. Während seiner Karriere trainierte er den Körper und nun nach seiner Karriere trainiert er den Geist, indem er eine Autobiographie auf den Mark bringt. Natürlich hat es auch andere große Sportsmänner gegeben, die nach ihrer Laufbahn ein Buch veröffentlicht haben, aber das Buch von Oliver Kahn ist ein besonderes. Dieser Mann hatte im Sport wohl so ziemlich alles mitgemacht, was einem Sportler passieren kann. Des Weiteren ist auch er ein großer gewesen – ein großer Sportsmann.

So muss man wohl sagen, dass das Lesen mehr als nur einen Vorteil aufzuweisen hat.

»Wer lesen kann ist schwer im Vorteil.«

Meine Mutter

Bei dieser Aussage muss ich meiner Mutter Recht geben. Wer lesen kann ist tatsächlich im Vorteil. Nicht nur, dass man ohne die Fähigkeit des Lesens nahezu keine Chancen auf einen gut bezahlten Job hat, sondern auch die privaten Möglichkeiten sind stark eingeschränkt.

Deshalb ist es wichtig seinen Kindern schon ab der Geburt vorzulesen und diese zu fördern, dazu zu bringen sich an Büchern zu interessieren. Auch der Staat täte gut daran in der Schule mehr auf Lesen zu setzen. Man sollte extra Hilfestunden einführen, für die, die eine Leseschwäche  haben. Man sollte die, die bereits gut und flüssig lesen können besonders fördern – und zwar unabhängig vom sozialen Stande der Eltern.

Die Frage ist nur, will der Staat das auch? Ist es nicht so, dass immer eine nicht so gut informierte, zum Teil dumme Schicht vorhanden sein muss, die leicht durch Werbung und ähnliches zu manipulieren ist? Was wäre das nur für eine Katastrophe für die Regierung, wenn plötzlich die Bevölkerung in Deutschland nicht einfach das neue Waschmittel, das es gerade in der Werbung (selbstverständlich im Fernsehen) gesehen hat, kaufen würde (und somit der Staat an Steuern verdient) sondern erst überlegen würde ob dieses auch wirklich notwendig ist?

Ist es nicht dasselbe wie mit den Zigaretten? Wieso hatte wohl das Rauchergesetz von 2008 nicht funktioniert? Es funktioniert doch in fast jedem anderen europäischen Land auch. Wieso also bei uns nicht? Vielleicht weil dann die Tabaksteuer ausbleiben würde und Deutschland nicht mehr Millionen und Milliarden in die Verteidigung gegen Terroristen stecken könnte.

Denn wie erst vor kurzem bekannt geworden ist, ist das Risiko, dass Deutschland von einem Terroranschlag heimgesucht wird gestiegen – zumindest wenn man den Worten unseres Verteidigungsministers von Guttenberg glauben darf. Aber woher hat er diese Information? Ich denke kaum, dass Al-Quaida angerufen hat und im mitgeteilt hat die Chancen seien gestiegen. Also sollte man etwas vorsichtiger mit solchen Aussagen hantieren. Es gilt jede Information solcher Art gründlich zu hinterfragen, bevor man in Panik ausbricht.

Auch in Deutschland gilt das Motto nach oben buckeln nach unten treten, dies bleibt wohl festzuhalten. Aber wo soll die ”obere Schicht”, die sich nicht zu buckeln hat hintreten wenn sich niemand bückt? Auf gut Deutsch: Wer macht die Drecksarbeit? Also könnte es durchaus etwas gewollt sein, dass noch kein ausgeklügeltes Konzept zur Förderung von Kindern im Bereich des Lesens entwickelt worden ist.

Wird nicht eine dumme Schicht gebraucht, um einfach Gesetze durchzuringen? Ist es nicht viel einfacher eine so komplizierte Erklärung für die Einführung eines Gesetzes anzuwenden, dass es niemand mehr versteht? Wo kämen wir hin, wenn jeder die Erklärung verstehen würde und sagen würde, dass diese vollkommen sinnlos ist?

Selbstverständlich reine Spekulation.

Was auch mit dem Lesen zusammenhängt, das wohl wichtigste Gut, das der Mensch besitzt ist die Gabe kritisch zu denken, nicht alles zu glauben, was einem gesagt wird. Wenn dies nicht gefördert wird dann sehe ich schwarz für die Zukunft und schließe mich Heinrich Heine an:

»Wenn ich denk an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht«

Heinrich Heine.

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Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 08. July 2010
Kategorie: Kolumnen

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