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Die Welt da draußen

Internat, trautes Heim, Studentenbude.

von Juliane Goetzke

Auszug, Umzug, Einzug.

Drei Jahre Internat, drei Jahre hier und da nicht daheim, liegen hinter mir. Wenn die Studentenzeit tatsĂ€chlich die beste Zeit meines Lebens werden soll, muss sie sich echt MĂŒhe geben.

Und ich weiß immer noch nicht, welche Adresse ich bei Amazon angeben soll. Schnell rechne ich nach, Lieferzeit drei Tage, heute ist Montag B-Woche. Kommt die CD noch an, solange ich im Internat bin? Lieber nach zu Hause bestellen.

Drei Jahre Internat, drei Jahre hier und da nicht daheim, liegen hinter mir. Wenn die Studentenzeit tatsĂ€chlich die beste Zeit meines Lebens werden soll, muss sie sich echt MĂŒhe geben. Die letzten drei Jahre waren einfach genial. Ich liebe das Internatsleben, die ganzen Leute, die einem jegliche PrivatsphĂ€re stehlen, das UnterwĂ€scheraten im WĂ€scheraum, wenn mir mal wieder jemand die Waschmaschine weggeschnappt hat, und die viel zu kurzen NĂ€chte. Doch der Countdown lĂ€uft, noch fĂŒnf Tage Internat, dazwischen ein bisschen Ferien, das mĂŒndliche Abi und dann sitze ich zu Hause, in meinem eigenen Zimmer, mit Platz und Ruhe, die ich gar nicht haben will. Das lĂ€sst einen schon ein bisschen melancholisch werden, alles in rosarot, gelb, grĂŒn oder welche Farbe auch immer fĂŒr alles Positive steht, sehen.

Ich mache mir auch langsam Gedanken darĂŒber, wie ich meinen Hausstand aus meinem Zimmer nach Hause, oder besser, der entscheidende Teil, ins Auto bekommen soll. Das BĂŒgelbrett, mit dem ich vor drei Jahren ICE ins Internat gefahren bin, bereitet das grĂ¶ĂŸte Problem. Nein halt, ich hab ja auch noch ein Fahrrad. Und so geht es weiter, immer mehr Dinge fallen mir ein, die alle wirklich mir zu gehören scheinen. Meine Gitarre, meine Stehlampe, die Vorhangstange aus dem Bad. Was mache ich mit der Urwaldpflanze, die sich mitten in meinem Zimmer nach allen Seiten streckt? Die passt in keinen Kofferraum. Ich werde sie also hier jemandem auf Auge drĂŒcken, verschenken nennt man das dann. Vorher sollte ich aber wohl die „Über mich ist ein Schreibtischstuhl gefahren“ und „Ich war zu nah an der Heizung“ BlĂ€tter abschneiden. Wenn ich dann zu Hause bin, wird es kein StĂŒck besser. In meiner Internatszeit sind wir umgezogen, meine Zimmer hat sich halbiert, „ich brauch ja nicht so viel Platz“. Von wegen, kurz gedacht. Das wird eine einzige RĂŒmpelkammer. Bis ich mich dann auf die Suche mache, nach einem Studentenzimmer oder einer WG, bis ich wieder zwei Adressen habe, Erst- und Zweitwohnsitz, bis meine Post wieder an zwei verschiedene Adresse gesandt wird.

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Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 27. June 2010
Kategorie: Die Welt da draußen, Wir hier drinnen

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