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Die Welt da draußen

KettenreAktion – Die Menschenkette gegen die Atomkraft

Eine 120 Kilometer lange Menschenkette stoppte für eine kurze Zeit die Welt und demonstrierte gegen die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke.  Eindrücke von unserer Gastautorin aus Hamburg.


In Gedenken an das Unglück von Tschernobyl und der Zuspitzung des Konfliktes um den Atomausstieg resp. den Verhandlungen zwischen Regierung und Atomkonzernen über längere Laufzeiten für Atomreaktoren wurde die KettenreAktion durch Umweltverbänden, Anti-Atom-Initiativen, Gewerkschaften, Parteien und kirchliche Organisationen ins Leben gerufen. Ziel war eine 120 kilometerlange Menschenkette vom AKW Brunsbüttel über das AKW Brokdorf durch Hamburg bis zum AKW Krümmel. In Kürze soll darüber entschieden werden, ob die Kraftwerke in Brunsbüttel und Krümmel vor den Toren Hamburgs wieder ans Netz gehen – oder für immer abgeschaltet bleiben.

Als entschiedene Gegnerin von Atomkraftwerken, der geplanten Laufzeitverlängerungen und der evtl. Wiederinbetriebnahme der beiden Skandalmeiler, marschierte ich Richtung Volkspark, um mich umzusehen und in die Kette einzureihen. Dort angekommen, versetzte mich die Atmosphäre gedanklich und gefühlsmäßig zurück in die achtziger Jahre, die Zeit der Friedensbewegungen. Überall um mich herum Menschen, welche wie auch ich inzwischen 20 Jahre älter geworden sind, doch auch eine junge neue Generation ist anwesend. Transparente werden geschwenkt, Plakate mit der Aufschrift „Atomkraft? – nein Danke“ sind zu sehen, fröhliche Stimmung bei sonnigem Wetter. So interviewte ich zunächst zwei alte Hasen der Friedensbewegung.

Fam. Hohrenk aus HH-Flottbek

Auf die Frage hin, warum sie hier dabei sind, antworteten die beiden: „Wir sind seit über 30 Jahren aktiv dabei und das Ziel ist noch nicht erreicht. Wir nutzen die Gelegenheit, um gegen die Verlängerung der AKW’s, Profit der Wirtschaft durch die AKW’s und Schädigung der Umwelt der Atomlager Asse und Gorleben aufmerksam zu machen.“

Weiter auf meiner Wanderung entlang der Menschenkette von Lurup bis nach Altona, kontaktiere ich den Informationsleiter der anti-atom-kette in Hamburg. In Hamburg selbst ist insgesamt eine Strecke von 36 km mit Menschen zu füllen, geführt von Streckenposten, welche zu Fuß, mit dem Rad oder dem Roller unterwegs sind, um Teilnehmer zu eventuellen Leerräumen zu koordinieren. Von Seiten der Koordinationsstelle besteht eine hohe Zuversicht, dass die Kette im Gesamten erfolgreich wird. Nach weiteren 30 Minuten Fußmarsch begegnen mir immer mehr Menschen, Transparente und Musiker. So traf ich eine engagiertes junges Mädchen mit ihrem Einrad, selbst gemaltes Transparent und ihren Eltern.

Lena (10 Jahre alt) möchte nicht erleben, was damals in Tschernobyl passiert ist. Sie hat über diese Aktion von ihren Eltern und Plakaten gehört und es war ihr sehr wichtig, mit eigenen Plakaten, daran teilzunehmen. Ebenso konnte sie ihre Freundin zur Teilnahme aktivieren. So ist sie mit ihrem Einrad, in der Mitte ihrer Eltern ein Teil der Strecke abgefahren und gemeinsam wollen sie sich später noch in die Kette eingliedern.

Solche Begegnungen mit jungen Menschen machen mit Mut. Es gibt eine Generation nach meiner Generation, welche ebenso noch den Schwung aufbringen, für eine eigene Meinung friedlich auf die Straße zu gehen.

15- und 16-jährige Hamburger Gymnasiasten, welche über Mund-zu-Mund Propaganda, Internet und Plakate auf die Aktion in der Schule als auch bei ihren Mitschülern geworben haben. Ihr Motto: „Sicher ist nur das Risiko“. Ihr Wusch: Eine Generation ohne Strahlung, eine sichere Zukunft.

14.29 Uhr, ich muss mich beeilen noch einen Platz in der Kette zu finden. Um 14:30 soll es soweit sein. Ich ergattere eine freie Stelle Höhe Bahrenfeld, reihe mich ein, Streckenposten teilen per Horn mit, dass die Kette nun geschlossen werden soll. Hauptstraßen sind von Polizeiposten gesperrt und geschützt, Musikgruppen erklingen mit Trommeln, Gitarren und anderen Werkzeugen, um eine musikalische Begleitung zu gewährleisten. 14.45 Uhr Meldung, die Kette ist komplett, es wird spontan laut geklatscht und es startet eine Laolawelle vom Norden in den Süden – durch ganz Hamburg. Kurz vor 15.00 Uhr wird die Kette friedlich aufgelöst, der Aufbruch zum Aktionsplatz am Fischmarkt beginnt. Insgesamt haben sich rund 120.000 Menschen beteiligt. Ein Erfolg für die Organisationen, den Aktiven und allen Sympathisanten auf der Strecke. Und für mich die Erkenntnis, dass die Friedensbewegung, die Antiatombewegung noch aktiv ist und es sich noch immer lohnt friedlich auf die Straße zu gehen, um seine eigene Überzeugung kundzutun.

I. Hannemann

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Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 25. April 2010
Kategorie: Die Welt da draußen

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