derfarbfleck

Von Juliane Goetzke

Es gibt ja viele verrückte Ideen, aber diese ist eine der besonderen Art. Unsere selbstversuchsaffine Chefredakteurin Juliane hat eine Woche lang eine besonders buchstabentreue Diät gehalten.

Es ist Montagabend, meine Hand greift in eine blaue Porzellanschüssel und zieht: ein L.. L wie Lauch. Ich mag keinen Lauch.  Oder wie Lasagne. Lasagne zum Frühstück? Ich beschließe, meine Was-ich-in-der-Fastenzeit-nicht-essen-darf-Liste zu verkleinern, denn Löffelbiskuit ist das Einzige, was wir für morgen früh einfällt und gehört für die nächste Woche damit zu meinen Grundnahrungsmitteln. Irgendwem fällt noch Laugenbrötchen ein und ich atme erleichtert auf: Das klingt schon gleich viel weniger nach einer Hungerperiode.

Dienstag, 12:40 Uhr

Ich war einkaufen. Jetzt weiß ich immerhin, was ich zu mittag essen soll: Laugenbrötchen mit Limburger und Lauchzwiebeln. Außerdem zu finden in meiner Tasche: ein komisches Lychee-Lemon-Getränk, Lemonenlimo und das Beste, der Löffelbiskuit. Das ist auch schon alles was Lidl und Norma mit L so hergaben. Linseneintopf scheint es partout nur mit Speck oder Würstchen zu geben, Lasagne nur mit Hackfleisch. Blöd sowas, als Vegetarier. Den Imker Landhonig habe ich an der Kasse doch noch zurückgegeben. Das wäre ja irgendwie geschummelt. Beinahe hätte ich in meiner Verzweiflung sogar Lauch gekauft, aber ich finde, das geht zu weit. Lauch ist einfach eklig.

Dienstag, 16:50 Uhr

Habe zwei Paletten Löffelbiscuit, getunkt in Latte Macchiato, intus. Heute gab es Pizza in der Mensa, das war fies. Ich habe mich mit  weniger widerlich schmeckend- als riechenden Lapacho-Orangen-Tee, den einzigen den Lidl mit L hatte, dazugesetzt. Habe Lapacho gegoogelt: Allround-Heilmittel der Inkas. Hilft sogar gegen Krebs. Ich bin gerettet.

Dienstag, 23:00 Uhr

Zum Abendessen nochmal Laugebrötchen mit Limburger, diesmal ohne Lauchzwiebeln, der Mensch braucht ja schließlich etwas Abwechslung.

Mittwoch, 15:50 Uhr

Zum Frühstück eine weitere Palette Löffelbisciut mit Latte Macchiato, später zwei Laugenbrötchen mit Limburger und Lauchzwiebeln. Wie gut, das im Gefrierfach noch viele Laugenstangen auf ihren Verzehr warten. Ich ernähre mich sogar gesund: Das tolle Lemon-Lycheegetränk enthält Vitamin B, C und E. Da kann ja eigentlich nichts mehr schiefgehen.

Mittwoch, 20:00 Uhr

Schon mal in ein Geschäft gegangen und nach irgendetwas zu Essen mit L gefragt? Man fühlt sich komisch. Das Gute ist: Ich habe Linseneintopf ohne Fleisch gefunden. Gepriesen seien die Biomarken! Da habe ich dann auch gleich die ganze Dose gegessen, gar nicht so übel.

Donnerstag, 12:30 Uhr

Laugenbrötchen, Laugenstangen, Laugenknoten, Latte Machiato, Lasagne, vegetarisch.

Freitag, 16:15 Uhr

Löffelbisquit und Latte Machiato, Lasagne und später Laugenstangen. Die Stunden schleichen dahin, bis morgen nach dem Mitagessen ist noch so lange. Ich habe Angst, einen Tick zu entwickeln und Samstag einfach nicht mehr mit dieser L-Sache aufhören zu können. Vielleicht erfinde ich eine neue Esstörung.

Samstag, mein Fazit:

Ein Kilo Löffelbisquit und 1,6 Latte Machiato pro Tag. Es war härter, als ich dachte. Ab Donnerstag habe ich mir stündlich überlegt, einfach aufzuhören. Aber: Kaffegeschmack ist doch gar nicht so übel. Von Laugenbrötchen werde ich erst mal die Finger lassen, Limburger Käse ist meine Neuentdeckung. Je näher der Zeitpunkt kommt, desto größer wurde meine Abneigung gegen jegliches Essen mit L. Die Überbleibsel meines Experiments, eine Lasagne, Laugenstangen, Linseneintopf und Lauchzwiebeln, werde ich an meine Mitbewohner verscherbel. Ich esse so schnell nichts mehr davon.