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Die Welt da draußen

Plädoyer für die Progressivität

von Maximilian Stumpp

„Zeitung hat Zukunft!“, meint Heribert Prantl und wir können ihm nur zustimmen.

Der Raum ist gut gefüllt. Am Ende des Saales steht ein schlichtes schwarzes Rednerpult, dahinter postuliert ein einigermaßen bekanntes Gesicht eine Nachricht, die auch für uns anwesende Farbfleck-Redakteure nicht unrelevant ist: Zeitung hat Zukunft.

Heribert Prantl ist Leiter des Ressorts Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung. Er hat schon einiges im Journalismus erlebt und dennoch, obwohl die Existenz von Zeitungen für ihn etwas Alltägliches sein dürfte, spricht er von der Systemrelevanz des Produkts Zeitung für unsere Demokratie als oberste Prämisse dieses Abends. Prantl besinnt sich der Anfänge mit Phillipp Jakob Siebenpfeiffer und dem Hambacher Fest. Die Anfänge der deutschen Demokratie sind eng mit den Anfängen des deutschen Journalismus verbunden, diese Tatsache darf die aktuelle Politik nicht vergessen.

Denn die Zeiten sind schwer für die Zeitungen, nicht nur in Deutschland. Ökonomisierung und übereilte Börsengänge haben nicht nur das bedrohliche Minimalprinzip in die Redaktionen getragen, sondern die amerikanische Presselandschaft letztendlich in den Ruin getrieben. Den Scherbenhaufen kehren die Amerikaner gerade auf. Diese finanzielle Bedrohung schlägt sich nun auch auf dem europäischen Kontinent nieder. Zunehmend auch deutsche Zeitungen leiden unter einem Anzeigenschwund und einer Leserabwanderung ins Internet.

Und weil eben die amerikanischen Zeitungen während der Präsidentschaft von George W. Bush keinen kritischen Blick auf dessen Politik hatten und somit ihre Pflichten vernachlässigt hatten, haben sich im Internet die sogenannten Blogs erfunden – für die Amerikaner letztendlich eine demokratische Not- und Selbsthilfe.

Aus diesem Notbehelf ist nun mehr geworden. Eine große Zielgruppe an Lesern informiert sich heutzutage nur noch über das Internet. Der Digitalisierungsprozess, der vor wenigen Jahren begann, stellt heute längst eine Existenzfrage für viele Zeitungen dar. Wie viel darf man kostenlos ins Web stellen und wie viel Inhalt darf die Printausgabe behalten?

Nun gelte es, so Prantl, keine Gegensätze zu konstruieren, wo es keine gäbe, sondern die Chance zu ergreifen, einen neuen medialen Erfahrungsraum für journalistische Zwecke zu nutzen. Denn in gewisser Weise beendet das Internet einen bisherigen Wettkampf der Zeitungen. Es zählt nicht mehr, wer die Information am schnellsten verbreitet, das hat die Informationsverbreitung um die Notlandung auf dem Hudson im Januar diesen Jahres gezeigt, als ein eifriger Twitterer die Nachricht schneller als jede journalistische Quelle verbreitete. Letztendlich kann eine Zeitung mit Internetpräsenz das Geschehen in Echtzeit wiedergeben. Ein großer Vorteil im Vergleich zu einer gedruckten Ausgabe.

Dies muss aber kein Nachteil für eine Printausgabe sein. Vielmehr ist die Internetpräsenz eine Chance für alle Zeitung, denn sie stellt eine neue Aufgabe an den Journalismus. Nicht mehr das schnelle Bereitstellen von Information hat oberste Priorität, sondern die Reflektion der Information. Dafür stellt das Internet genug unreflektiertes Arbeitsmaterial bereit.

Der referierende Heribert Prantl schließt seinen Vortrag mit der Bemerkung, dass guter Journalismus keine Frage des Mediums ist. Guter, qualitativer und investigativer Journalismus ist auch im Internet möglich.

Genau hier möchte der Farbfleck durch seine neue Webpräsenz anknüpfen. Wir sehen unsere Aufgabe und Pflicht in der Kritikfunktion einer Schülerzeitung, wobei Kritik hier sowohl positiver als auch negativer Natur sein kann. In den bisherigen Jahren haben wir unseren Schwerpunkt immer auf das Ausleuchten und Kommentieren unseres Alltags gelegt und zudem sehr an unserem Layout gefeilt. Wir hoffen, dass wir durch den Wechsel ins Internet der Reflexion mit einem breiteren Fokus und flexibleren Publikationsbedingungen näher kommen.

Unter anderem wollen wir uns aber auch der finanziellen Belastung einer Printausgabe entledigen. Durch unseren Online-Gang sehen wir die Chance eines kostenlosen Zugangs zu unserer Arbeit für alle Schüler.

Die Redaktion ist sich sicher, dass wir durch diesen Schritt keine Traditionen zerstören, sondern neuen Anforderungen durch eine veränderte Ausrichtung gerechter werden.

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Quelle: derfarbfleck
Website: http://www.derfarbfleck.de/old
Autor: derfarbfleck
Veröffentlichung: 16. December 2009
Kategorie: Die Welt da draußen

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2 Kommentare zu “Plädoyer für die Progressivität”

  1. Da sagte Heribert laut diesem Artikel aber doch was anderes: Journalismus geht AUCH im Internet und kann der Printversion helfen. Ein Schritt, die Printmedien einfach ganz abzuschaffen ist da dann doch nicht in seinem Sinne, oder?
    Man sieht ja schon an den regen Kommentaren, dass – zumindest im Moment – nicht all zu viele Leute hier tatsächlich verkehren (die meisten der Kommentare kommen aus der Redaktion selbst). Trotz der ach so großen Aktualität: Steigert diese auch die Qualität?
    Zum Thema Geld: Ich persönlich hatte nichts gegen die finanzielle Belastung von 2,50€, die ich einmal im Trimester für eine vielleicht sogar qualitative und endlich ästethische Zeitschrift tragen musste. Schade, dass gerade jetzt, wo die Schülerzeitung ein nettes CD gefunden hat auf einen noch nicht wirklich sehr ansehnlichen WordPress-Blog umgestellt wurde.
    Vielleicht sollte man das ganze noch einmal überdenken, mit der Veröffentlichung ausschließlich im Internet…
    Frohes Schaffen noch und einen schönen Weihnachtsball,

    Euer Dave

    Geposted von daveneukirch | December 16, 2009, 21:45 | Antworten
  2. Heribert Prantl hat in seinem Vortrag auch die allein online vorhandenen Blogs gut geheißen, da sie im Gegensatz zu Zeitungen einige entscheidende Vorteile haben. Dazu zählen Unabhängigkeit und die Beschleunigung der Informationsvermittlung.
    Ich muss dir zustimmen, dass der Verlust der Printausgabe schade ist. Das “nette CD”, wie du es nennst, war wirklich eine gelungene Weiterentwicklung des Farbflecks.
    Dennoch wollten wir genau die Diskussionskultur stärken, die jetzt auf unserem Farbfleck-Blog stattfindet. Mehr qualifizierte Rückmeldungen geben uns auch mehr Möglichkeiten zur Weiterentwicklung.
    Ich kann dich aber beruhigen, Dave. Wir werden die Arbeit an einer Printausgabe wieder aufnehmen und das auch im gewohnten Layout.
    Warte es einfach mal gespannt ab. Vielen Dank für deine konstruktive Kritik. Die Redaktion freut sich über konstruktive Kommentare.

    Geposted von maxfarbfleck | December 17, 2009, 09:55 | Antworten

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