derfarbfleck

Ich finde Tim Minchin witzig.
Ich würde ihn sofort heiraten. Dummerweise hat er die Frau seines Lebens schon mit 17 getroffen, hat zwei kleine Kinder und Linda würde mir den Kopf abreißen. Sie will ihn nämlich auch heiraten…
Aber trotzdem: Tim Minchin ist mein Held.
Tim Minchin ist ein australischer singender stand-up Comedian.

Er schreibt kleine lustige Songs über die Beschwerlichkeiten des Alltags und die wichtigeren Dinge im Leben. Liebe und so. Einkaufstaschen.

Diese Songs trägt er dann begleitet von genialen Klavierimprovisationen mit unglaublichem Ernst dem Publikum seiner Shows vor.
Während dieser Shows trägt er grundsätzlich keine Schuhe.

Tim ist 34 Jahre alt und ein Spießer.
Er hat einen Bachelor in Englisch und Theater und hat einen Abschluss in Zeitgenössischer Musik an der Western Australian Academy of Performing Arts gemacht.
Die Hälfte seines Lebens hat er mit derselben Frau verbracht.
Er lebt in London ein wunderbares, upper-middle class Leben.
Er hat kein Drogen-, Alkohol-, Ernährungs- oder anderweitiges Problem.

Er ist einfach ziemlich normal.
Und er weiß das. Und er macht sich darüber lustig. Und das macht ihn so verdammt cool und attraktiv und zu meinem persönlichen Helden. Mein cooler Spießerheld. Er bezeichnet sich selbst als Rock `n´ Roll Nerd.

Ich habe von Tim Minchin nicht als erstes einen seltsamen Artikel gelesen, warum dieser Typ irgendjemandes Helden sein sollte. Das ist vermutlich der Grund weshalb es überhaupt soweit kam.
Deshalb Tim auch in Original und Farbe:

Oh und ehrlich gesagt ist Tim Minchin ohne beiliegenden Text für einen Nicht-Muttersprachler nur sehr schwer zu verstehen. Er singt viel zu schnell und auch native speaker verstehen möglicherweise nicht sofort alles. Macht aber nichts, an gute Dinge muss man sich erst gewöhnen.

Deep in he his heart he knows he
Will n e v e r be Bono or Bowie
And even if he was quite pretty
And wrote songs like Britney
He knows that heWill always be
A rock ‘n’ roll nerd
He’ll keep writing songs the world don’t care about
And though they won’t be heard
He’ll just keep writingBut you see the problem is
There’s not much depth in what he’s singing
He’s a victim of his upper-middle class upbringing
So he can’t write about the ‘hood or bling bling
So he sits and imagines his girlfriend is dead
To try and invoke some angst in his middle class head
But she’s always FINE
At half past nine
When they go to bedHe has nothing interesting to say so he writes about himself
But he doesn’t want to see self-obsessed so he writes in third person
In an attempt to seem more rock ‘n’ roll be he knows it’s not workingYou can criticise him
But he won’t care
Cos he wants to rock
And he will never be deterred
But he’ll always be a fucked-up, little, try-hard, wannabe rock ‘n’ roll nerd

Tim und ich haben uns das erste Mal letztes Schuljahr an Lindas Schreibtisch getroffen. Ich war ziemlich schlecht drauf und fand ihn furchtbar. Furchtbar per se, denn es ist ziemlich unangenehm, wenn die Zimmerpartnerin Kopfhörer aufhat und wie wild losprustet. Alle drei Sekunden, laut und gackernd. Und dann schreit: „Was? Tim Minchin!“ Ich wollte wissen, ob wir was in Mathe aufhätten…

Das kam in dieser Zeit häufiger vor und das Verhältnis zwischen Tim und mir wurde zusehends schlechter. Alle Versuche ihrerseits uns näher zu bringen scheiterten.
Bis sie mir eines schönen Tages Some people have it worse then me vorspielte. Tja…

Man stelle sich vor, erste Stunde Mathe, Montagmorgen. Es ist kalt, du bist müde und dann… kommt so ein witziges Kerlchen mit weit aufgerissenen Augen daher und macht sich über die Welt, dich und sich selbst lustig.
Diese Gesichtsausdrücke!

Wir haben es alle wirklich schlecht. Dieses grausame Leben.

Ja, wir tun uns alle schrecklich Leid. Und Tim Minchin ist endlich jemand, der das versteht.
Aber wisst ihr was, es gibt Leute, die haben es noch schlechter. Ha! Wenigstens etwas! Ich fühl mich schon gleich besser.

Unter einer Hyperbel versteht man eine inhaltliche Übertreibung, die als solche auch unmittelbar erkennbar ist:

Well I wake up in the morning at 11:47
and I can’t believe I have to face
the horror of another fucking dayAnd the magnificent magnitude of my morning erection
merely mocks me like the sun in its
optimistic greeting of the dayManaging to manifest a modicum of motivation
I meander to the kitchen,
make a mission out of mixing NescafeBut the milk is going off
and COFFEE by itself is bitter
and there’s ants all through the sugar
and the supermarket’s miles a-fucking-wayMy life is pretty sad
But I know that I should be glad.
I could be a starving Ethiope
Or a policeman in BagdadI know I have no right to cry
Some people have it worse than I
I could have a serious nut allergy
And be shipwrecked on an island with a crate of Snickers bars
A jar of Nutella and a fresh baked pecan pie
Some people have it worse than I

Ich habe mal eben kurz „Held“ gewikipediat.
Ein Held ist demnach eher ein Vorbild.
Ähm, nun ja. Tim Minchin trägt eine zerzauste Sturmfrisur und hat kajalumrandete Augen. Er sieht schon ein bisschen merkwürdig aus.
So will ich nicht unbedingt werden.

Aber allein dieses „Timminschinn“ mit extrem australischen Akzent ausgesprochen wirkt Wunder…

Tim Minchin ist mein Held:
Weil er herrlich komisch ist.
Weil er über sich selbst lachen kann (und den Rest der Welt)
Weil ich dann auch über alles lachen kann.
Ein Held ist für mich nicht unbedingt ein Vorbild.
Du bist mein Held! Das sage ich zu jemandem, der mir bei Mathehausaufgaben hilft oder mich aus einer dummen Situation rettet.
Tim Minchin rettet mich also über den Alltagsschrott hinweg.
Mein Held, mein Retter.
Aber wieso?

Er schreibt über das Leben, das Universum, sie und ihn und den Rest.
Er hat diese wunderbare Sicht auf die Welt.
Natürlich ist es schlimm Liebeskummer zu haben und Mathe und natürlich ist es das grausamste auf der Welt. Natürlich hat alles seine eigene schwerwiegende Bedeutung.
Aber irgendwo ist das doch alles lächerlich.
Eine winzige Kreatur, dieser Mensch, auf einem winzigen Planeten, inmitten dieses was-auch-immer-das-ist-Universums.
Wer weiß schon warum, das ist nicht einmal ein Wimpernschlag. Aber es ist mein Wimpernschlag.

Erläuterndes Beispiel: If I didn’t have you… fand einer meiner Freunde ziemlich doof. Ich finde es ziemlich cool. Ein Liebeslied. Für seine Frau.
Wenn wir davon ausgehen (zumindest Tim und ich gehen davon aus), dass es kein Schicksal oder irgendeine Art von Vorherbestimmung im Leben gibt, dann ist alles hier ziemlich zufällig. Dann hätte es genauso gut ganz anders kommen können und dann wars das mit dir und mir und unserer Einmaligkeit. Wir sind nicht füreinander bestimmt. Keine Seelenverwandtschaft, nichts mit große wahre einzige Liebe, es könnte jeder sein.

If I didn’t have you to hold me tight (if I didn’t have you)
If I didn’t have you to lie with at night (when I’m feelin’ blue)
If I didn’t have you to share my sighs
And to KISS me and dry my tears when I cry
Then I really think that I would have somebody elseOur love is one in a million, you couldn’t buy it at any price
But of the nine point nine nine nine hundred thousand other possible loves
Statistically some of them would be equally nice
Or maybe not as nice but say smarter than you
Or dumber but better at sport or tracing
I’m just saying I really think that I would probably have somebody elseBut with all my heart and all my mind I know one thing is true
I have just one life and just one love and my love that love is you
And if it wasn’t for you, darling you
I really think that I would probably have s o m e b o d y e l s e .

If I didn’t have you someone else would do.

Deswegen lieber Freund, lass dir gesagt sein, mein Held hat Recht. Ich habe dieses eine Leben und damit hat es sich. Wahrscheinlich. Jede Sekunde meines Lebens, die ich mit dir verbracht habe, jeder Augenblick, jede Entscheidung wird dadurch erst besonders wertvoll. Aber es könnte auch rein theoretisch einfach jemand anderes sein. :D

Vielleicht sollte ein Held eher jemand sein, der etwas Besonderes gemacht hat. Der einem Menschen oder sogar ganz vielen das Leben gerettet hat. Bestimmt ist auch jemand ein Held, der sich sehr für den Klimaschutz einsetzt, von einer guten Sache fest überzeugt ist und dafür kämpft. Juliane ist darauf ja schon in ihrem Leitartikel eingegangen. Heute scheint es gar keine großen Heldenvorbilder mehr zu geben.
Tim Minchin ist mein kleiner persönlicher Alltagsheld.

Viele Dinge sind im Leben unfassbar, fast nicht zu begreifen. Tim Minchin schafft es diesen Spagat zwischen Ungeheuerlichkeit und absurder Lächerlichkeit perfekt auszudrücken. Deswegen ist er mein Held.

Ich weiß nicht, ob andere das ähnlich empfinden. Wahrscheinlich nicht.
Aber es geht hier ja auch um meinen persönlichen Helden.

NOT PERFECT

He’s not perfect.
But he’s fine.
He’s not the best.
but he is mine.

P.S.: OUTTAKES

Das erste Lied, das ich von ihm gehört habe, war Drowned, aber das hat nicht in meine Gliederung gepasst. Ein Liebeslied und Viki hats voll erwischt. Na klasse, das ist ja super Klischee..
Und dann wirkt der Kerl so schüchtern. Gott ist der süß. Habt ihr diese Augen gesehen???

Irks.
Der Unterschied zwischen Druck-Schülerzeitungen und einem Blog.
Bei einem Blog wird man viel persönlicher.
Pfui.
Unsachlicher.
Das ist ja nur Internetgekritzel.

Falls ihr ihn immer noch nicht witzig findet.

Wikipedia – Tropus

Man stelle sich vor, erste Stunde Mathe, Montagmorgen. Es ist kalt, du bist müde und dann… sind alle Nutellagläser leer. Deine Laune ist unter dem Gefrierpunkt. Ich meine wer braucht schon Mathe? Und was sind das eigentlich für Leute, die Physik mögen? Und wieso esst ihr mir eigentlich immer alles Nutella weg. Und das Leben an sich. Wisst ihr, ich verstehe einfach nicht, wie es soooo grausam sein kann… TIM! RETTE MICH!

Googlet man Tim Minchin erfährt man:
Tim Minchin is a comedian, actor, composer, songwriter, pianist, musical director and huge rock n roll megastar. Tim is based in London.
Alles klar?!

Tim ist strenger Nicht-Esoteriker.
Storm. Ein wunderbares Lied. Das wollten wir schon immer mal Ulf schicken.
Oder Mitsubishi Colt. Einfach genial.

Außerdem ist mein Babykater der allergrößte Held. Und ich bin meine persönliche Heldin des Tages, pünktlich um 23.59 h. Wie eigentlich jeder.
Nicht weil man ein dummes Triospiel gewonnen hat.
Nur so nebenbei. ;-)

„Viki, schreib doch noch mal was. Zum Thema Helden. Wir brauchen noch was im Feuilleton.“
„Hmm… Wer ist mein Held?“
Lee schreit: „Tim Minchin!!
„Tim Mitchin, wer ist das?“
„Minchin! Ein australischer Comedian und er rettet meine Welt.“

Tim Minchin ist Lees Held. Er rettet ihre Welt. Ich hab nur geklaut.

Viktoria Schwab